98. Wer will den Igel heiraten?

Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten aber keine Kinder. Sonst waren sie reiche Leute. Da wünschte sich die Frau wieder einmal: "Wenn wir doch ein Kind hätten, auch wenn es ein Igel wäre!" Ihr Wunsch erfüllte sich, und nach einem Jahr wurde ihnen ein Kind geboren, das wie ein Igel aussah. Es stand am Herd in der Asche und machte "popp, popp, popp, puch, popp, popp, popp, puch!"

Die Eltern waren sehr traurig, daß sie ein solches Kind hatten, und als es zehn Jahre alt wurde, klagte die Mutter: "Wäre es einem Kinde gleich, dann könnte es jetzt anfangen, das Vieh zu hüten!" Als der Igel das hörte, kletterte er auf die Bank, von dort über die Türschwelle auf den Hof und dort auf das Horn eines großen Ochsen und fing an, das Vieh zu hüten. Wenn der Igel aber sagte: "Die Herde aus dem Stall! Die Herde in den Stall! Die Herde in den Wald! Die Herde soll nach Haus!", dann geschah alles so, wie er es wünschte.

So hütete der Igel das Vieh, bis er das Alter eines jungen Mannes erreichte. Da beklagte sich die betrübte Mutter wieder: "Wenn er kein Igel wäre, dann könnte er sich um ein Mädchen bewerben und mir eine Schwiegertochter ins Haus holen." A!s der Igel das hörte, nahm er am Abend einen Hahn, setzte sich auf ihn und ritt auf dem Hahn auf die Brautschau zu einer Familie, in der es drei Töchter gab. Der Igel sperrte den Hahn im Vorraum ein, kletterte über die Tür in die Stube, lief weiter in die Ecke und machte "popp, popp, popp, puch" usw.

Der Vater fragte nun seine älteste Tochter: "Willst du den Igel heiraten?" Die älteste Tochter erwiderte: "Eher springe ich ins Feuer, als daß ich einen Igel heirate." Da fragte der Vater die mittlere Tochter: "Willst du den Igel heiraten?" Die mittlere Tochter erwiderte: "Eher hänge ich mich auf, als daß ich einen Igel heirate." Schließlich fragte der Vater die jüngste Tochter: "Willst du den Igel heiraten?" Die jüngste Tochter erwiderte: "Ja, ich will den Igel heiraten!" Jetzt gab man dem Igel Brei zu essen und dem Hahn des Igels Hafer.

Am nächsten Morgen spannte der Vater das Pferd an und schickte die jüngste Tochter mit dem Igel zur Trauung. Auf dem Wege zur Kirche sagte der Igel zu seiner Braut: "Gehe dorthin ins Eschengebüsch, schneide dir einen Stock und schlage mich mit diesem Stock dreimal!" Die Braut tat es, schnitt sich einen Eschenstock und schlug zum erstenmal, da fielen viele Stacheln vom Igel. Sie schlug zum zweitenmal, da fielen alle Stacheln ab. Sie schlug zum drittenmal, da stand vor ihr ein schöner Jüngling. Aus jedem der vom Igel abgefallenen Stachel war aber ein Goldstück geworden. Sie sammelten alle Goldstücke auf den Schlitten in die Decke und fuhren zur Trauung.

Als der aus dem Igel hervorgegangene Jüngling von der Trauung nach Hause fuhr, brachte er seinen Eltern eine junge Frau nach Haus, und eine ganze Menge Gold. Die Freude der Eltern war jetzt unendlich groß, aber die anderen Schwestern hätten sich jetzt am liebsten die Augen aus dem Kopf geheult, weil sie den Igel nicht hatten heiraten wollen, und wenn sie noch nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.