97. Das goldene Ei

Einst hatte eine Königstochter auf dem Hof einen goldenen Brunnen, und sie ging jeden Tag mit einem goldenen Ei zum Brunnen spielen. Als sie wieder einmal mit dem goldenen Ei am Brunnen spielte, fiel ihr das goldene Ei aus der Hand in den Brunnen. Jeden Tag ging sie nun zum Brunnen und weinte und bekam ihr goldenes Ei nicht wieder.

Eines Tages, als sie wieder weinte, steckte ein Frosch den Kopf aus dem Wasser und hielt das goldene Ei zwischen den Füßen. Er kroch aus dem Brunnen und gab das Ei dem Mädchen. Das Mädchen dankte sehr und ging nach Haus; der Frosch blieb aber nicht zurück, sondern folgte ihr. Als das Mädchen ins Bett schlafen ging, kam auch der Frosch zu ihr, und als das Mädchen aß, ging auch der Frosch dahin.

So lebten sie längere Zeit, und die Tochter ging jeden Tag mit dem goldenen Ei zum Brunnen spielen. Einmal fiel das Ei wieder in den Brunnen, und das Mädchen weinte wieder wie zuvor. Der Frosch aber ging in den Brunnen, fand das Ei und brachte es der Königstochter. Sie war aber jetzt so froh darüber, daß sie den Frosch in die Hand nahm und ihn küßte.

Aber - o Wunder! - auf einmal war nirgends mehr ein Frosch, sondern ein schöner junger Mann stand vor dem Mädchen. Zuerst konnte es niemand begreifen, aber schließlich fing der Jüngling an, dem Mädchen zu danken, und sagte: "Sei tausendmal bedankt, daß du mich gerettet hast. Ich war Knecht bei einer Hexe, aber sie wollte, daß ich ihre Tochter heirate, und ich tat es nicht, und darauf verwandelte sie mich in einen Frosch und sagte: Wenn ein Christenmensch dich küßt, dann wirst du wieder zum Menschen. Das hast du jetzt getan und mich errettet. Tausendmal Danke, liebes Mädchen!"

Dann gingen sie zusammen zum König, und weil er ein schöner, tüchtiger Jüngling war, gab er ihn seiner Tochter zum Mann, und er wurde nach dem Tode des alten Vaters König. "Lebte mit Glück!"