Ein altes Weib wollte gern ein Kind haben, aber Gott schenkte ihm keins. Darum machte es sich eine kleine Puppe aus Lehm und legte sie in den Ofen zum Trocknen. Nach einer Weile kroch ein hübscher, kleiner Junge aus dem Ofen und sagte: "Mutter, gib mir was zu essen!" Das Weib war froh, ein so schönes Kind bekommen zu haben und füllte eine Schale mit Milchbrei. Aber das Kind verschlang den Brei auf einmal ("warf sich den Brei in den Magen") und forderte aufs neue etwas zu essen. Das alte Weib ärgerte sich und sagte: "Wovon soll ich dir die ganze Zeit über zu essen geben, bist du denn nicht satt geworden?" Das Kind erwiderte: "Wenn du mir nichts zu essen gibst, dann esse ich dich mitsamt dem Spinnrad auf." Und es verschlang das alte Weib mitsamt dem Spinnrad.
Dann ging das Kind hinaus, um Essen zu suchen. Zuerst begegnete ihm ein Bettler mit einem Stock. Der Knabe forderte zu essen von ihm. Der Bettler erwiderte: "Wie kann ich dir zu essen geben, ich habe ja selbst nichts." Der Knabe sagte: "Wenn du mir nichts zu essen gibst, esse ich dich mitsamt deinem Stock auf. Die Mutter habe ich schon mit ihrem Spinnrad verschlungen." Und er verschlang den Bettler mit dem ganzen Stock.
Als er weiter wanderte, begegnete ihm ein Kutscher mit einer großen Kalesche und vier Pferden. Wieder fragte der Junge um Essen. Der Kutscher sagte: "Wie kann ich dir hier auf der Landstraße zu essen geben, ich habe selbst nichts." Der Knabe erwiderte: "Wenn du mir nichts zu essen gibst, esse ich dich mit deiner Kalesche und deinen Pferden auf. Die Mutter mit ihrem Spinnrad und den Alten mit seinem Stock verschlang ich schon." Und er aß den Kutscher mit seiner Kalesche und seinen Pferden auf.
Immer weiter wanderte er, um Essen zu suchen. Da kam ihm ein schöner, fetter Ochse entgegen. Der Knabe sagte zu dem Ochsen: "Gib mir zu essen!" Der Ochse fing an zu brüllen und blieb stehen. Der Junge wollte den Ochsen fangen, doch dieser wehrte sich und durchstach mit den Hörnern den Bauch des Knaben. Da krochen alle aus dem Bauch heraus und wurden wieder lebendig: das alte Weib mit dem Spinnrad, der Bettler mit dem Stock und der Kutscher mit der Kalesche und den Pferden, und jeder ging nach Haus. Von dem Jungen aber war nichts anderes übriggeblieben als ein Stück nassen Lehms.