80. Eine Geschichte aus der Pestzeit

Jawohl, hier ist zur Pestzeit eine Frau gestorben und eine andere in das Land der Hundeschnauzen (=Kynokephalen) verschleppt und in den Schornstein zum Mästen gehängt worden. Mit Pferdemilch und Nußkern ist sie gemästet worden. Ja, und dann sind zwei Hundeschnauzen zum Nachprüfen gekommen. Ja, und dann hat der eine gesagt: "Essen wir!", und der andere hat gesagt: "Braten wir!" Dann sei der Ofen angeheizt worden, und man habe sie gerade in den Ofen schieben wollen, da habe die estnische Frau der alten Muhme geheißen, sich auf den Karren zu legen, um ihr vorzumachen, wie man sich auf einem solchen Karren zu legen habe. Da ist diese Hundeschnauzen-Muhme auf den Karren gestiegen, und die estnische Frau hat sie rasch in den Ofen geworfen, die Hundeschnauzen-Frau. Na, dann sind die Hundeschnauzen-Männer vom Rauben wieder zurück gekommen und haben gewittert, daß irgendein Geruch da sei, ein Muhmengeruch. "Was für ein Geruch ist das blo?" "Schnauzengeruch, Muhmenschnauzengeruch!" Da haben sie in den Ofen geschaut: "Unsere eigene Mutter ist im Ofen!"

Na, da aber auf die Suche, wo ist das Bratferkel! Aber die Frau hatte aus Furcht die Schuhe verkehrt angezogen und war schon zu einer Brücke gekommen. Na, da hat sie auf der Brücke die Schuhe wieder andersrum angezogen, und dann ist sie unter die Brücke in den Tau geschlüpft. Da sind die Hundeschnauzen mit Pferden nachjagen gegegangen. Und die Frau hat vor Angst gezittert. Aber sie haben gesagt: "Her ist sie gekommen, hier ist sie gegangen, aber hier ist sie zum Himmel aufgestiegen!"

Na, dann sei die Frau betteln gegangen und sei weiter gezogen, und schließlich ist sie denn auch nach Haus gekommen, ins Gesinde Praaga in Haablahe (=Aabla). Da ist sie aber sieben Jahre fortgewesen, und der Mann hatte eine andere Frau gefreit. Da hat sie an der Wand geweint und ist so arm gewesen, daß niemand sie gekannt hat als der Hund. Na, dann ist am Abend der Mann mit der Jungfrau schlafen gegangen. Aber da ist die alte Frau gekommen, die frühere Frau, und hat die Decke heruntergerissen und hat gesagt: "Das hier ist meine Handarbeit und Mühe!"