In alten Zeiten hatte einmal ein Vater einen Sohn. Er hatte ihn auf alle Schulen geschickt, die es nur auf der Welt gab. Und als er ihn in vielen Schulen hatte ausbilden lassen, ging er mit ihm fort. Da kam ihm ein Mann entgegen, der sagte: "Wohin gehst du mit deinem Sohn?" Da sagte er: "Ich habe ihn schon in allen Schulen ausbilden lassen, aber die beste Schule suche ich noch." Da sagte der Mann: "Ich bin ja die beste Schule." Da sprach der Vater zu dem Mann: "Ich gebe meinen Sohn in deine Lehre, aber werde ich ihn auch wieder zu sehen bekommen?" Da sagte der Mann: "Ja, du wirst ihn wiedersehen, aber komme nur den Weg, den ich dir zeigen werde. Wenn du dann kommst, werde ich ihn dir in der Gestalt eines Täubchens zeigen, und wenn du das zweite Mal kommst, werde ich ihn dir in der Gestalt einer Ente zeigen." So sagte er: "Nach einem Jahr komme du diesen Weg!" Und er zeigte ihm dann den Weg.
Nach einem Jahr ging der Vater den gezeigten Weg. So ging er denn, und es kam ihm ein Täubchen entgegen. Sie schlug sich selbst gegen den Erdboden und verwandelte sich in seinen Sohn und sagte: "Sieh, wenn du dorthin kommst, werde ich wieder ein Täubchen sein." Und weiter sagte er: "Achte darauf: Wenn man uns ins Zimmer bringt, und wenn man uns Körner zum Essen vorwirft, werde ich mich mit dem Schwanz genau dir zudrehen; sieh zu, wer sich dreht, der bin ich." So ging er denn weiter und kam dort an. Da ging er zu dem alten Herrn und bat, den Sohn sehen zu dürfen. Aber der Alte entgegnete: "Vor morgen bekommst du deinen Sohn nicht zu sehen." So standen sie denn am Morgen auf, aßen und tranken und gingen dann in ein Zimmer. Da sagte der Hauswirt: "Ich werde jetzt mein Hausgesinde hierher rufen." Er machte das Fenster auf und pfiff, da kam ein großer Schwarm Täubchen herein. Er schüttelte ihnen Körner und sie fingen alle an zu picken. Da sagte er: "Sieh, erkennst du deinen Sohn unter ihnen?" Der Mann sagte: "Jawohl, ich werde ihn wohl erkennen." Als er das gesagt hatte, pickte der Sohn die ganze Zeit und drehte ihm seinen Schwanz zu. So erkannte er ihn daran und sagte sicher: "Sieh, das ist mein Sohn!" Da sagte der Hauswirt wiederum: "Sieh, jetzt bekommst du deinen Sohn noch nicht, komm nach einem Jahr wieder!"
Da ging er fort und kam nach einem Jahr wieder des Weges. Da flog ihm denn eine Ente entgegen. Sie schlug sich wieder gegen den Erdboden und es wurde sein Sohn aus ihr, der sagte ihm: "Wir werden morgen in Entengestalt vor dir erscheinen, dann werde ich wieder den Schwanz zu dir hin drehen, daran wirst du mich erkennen." Dann schlug er sich wieder gegen den Erdboden und flog davon. Aber der Vater ging nun weiter zum Hauswirt. Er ging zum Hauswirt und sagte: "Ich möchte meinen Sohn sehen." Der aber sprach: "Heute kannst du das nicht, iß jetzt und trink, am Morgen werde ich ihn dir schon zeigen." So stand er denn am Morgen auf und ging wieder in das Zimmer und pfiff wieder. Da kam ein großer Schwarm Enten und flog herein. Der Hauswirt schüttete ihnen Körner vor, und sie begannen zu picken. Da tat der Sohn wieder ebenso: Er drehte den Schwanz dem Vater zu, und daran erkannte dieser ihn und sagte: "Das da ist mein Sohn!" Da sagte der Hauswirt: "Du hast ihn richtig erkannt, jetzt muß ich dir deinen Sohn geben." So gab er ihm denn auch den Sohn, und er verwandelte sich aus einer Ente zu einem Menschen. Da gingen sie denn nach Hause.
Unterwegs sagt der Sohn zu seinem Vater: "Sieh, Vater, aus mir wird kein Ernährer für dich, aber aus mir wird wohl ein guter Hengst werden, ich werde mich zu einem Hengst verwandeln. Den verkaufst du dann, so bekommst du eine Menge Geld, aber nimm dir nur so viel, wie du glaubst, bis zum Tode nötig zu haben." Da verwandelte sich der Sohn in einen Hengst, und es wurde aus ihm ein guter Hengst. Der Vater setzte sich auf seinen Rücken und ritt mit ihm nach Haus. Dort wurde er im Stall festgebunden. Aber nach kurzer Zeit kam auch der alte Hauswirt mit zwei Rappen. Der suchte den Jungen und sagte: "Du hast einen Hengst zu verkaufen? Sag nur, für welchen Preis du ihn verkaufen willst?" Da sagte der Vater: "Sieh, diesen Hengst verkaufe ich nur für zwölftausend Rubel." Der Hauswirt sagte: "Sieh, das bezahle ich auch." Und er begann das Geld aufzuzählen, aber es fehlten ihm dreitausend. Da trieb er seinen Knecht zur Eile an und ließ sich von Zuhause noch Geld nachbringen. So wurde das Geld geholt und bezahlt. Dann setzte sich der alte Hauswirt dem Hengst auf den Rücken und sagte: "Sieh, jetzt bist du wieder unter meiner Hand, du warst wohl mein klügster Schüler, aber sieh, jetzt sitze ich dennoch auf deinem Rücken!"
Er begann nun, den Hengst stark anzutreiben, und er schlug einen sehr schnellen Trab an, und als er nach Hause kam, war der Hengst über und über naß. Dann übergab er ihn zu Hause seiner Tochter: "Geh, führ ihn herum und tränke ihn!" Da ging die Tochter, nahm ihn am Zaum, führte ihn zum Meer und begann ihn zu tränken. Aber der Hengst war wohlgenährt, und sein Hals ließ sich auf keine Weise zum Wasser biegen, er reichte nicht bis zum Wasser, und sie konnte nichts anderes tun, als mit ihm tiefer hineinzugehen. Aber da streifte der Hengst sich die Zügel vom Kopf, schlug sich gegen das Wasser und wurde zu einem Stichling. Dann sagte er noch: "Möge der Hecht den Stichling am Schwanz packen!" Aber das Mädchen lief heim zu Vater und sagte: "Was soll ich tun, Väterchen, der Hengst wurde mir unter meiner eigener Hand zum Stichling!" Da wurde der Alte wütend, und er lief zum Meeresufer, schlug sich gegen das Meer und wurde zu einem Hecht. Nun fing er an, dem Stichling nachzujagen, denn es war so abgesprochen worden, daß nur am Schwanz gepackt, der Kopf jedoch nicht berührt werden dürfe. Da sagte er: "Zwar bin ich, der alte Böse, wohl klug, aber du, Lehrjunge, bist noch viel klüger als ich!" Und er sagte: "Jetzt ist er mir entschlüpft!"
So konnte er ihm entkommen. Dann ging er, der Stichling, das Meer entlang bis zur Königsstadt, und dort badeten die Königstöchter im Meer. Sie legten ihre Kleider und Ringe ab, und der Stichling verwandelte sich in den Ring der mittleren Tochter - sie hatten ja ihre Ringe im Sand versteckt. So kam denn das Mädchen und steckte sich den Ring an den Finger. Aber der Ring blieb wohl am Tag am Finger, in der Nacht aber wurde er zu einem jungen Mann, und sie hatte an ihm sehr viel Freude. Aber dann kam über diese Tochter eine schwere Krankheit, eine große Not überkam sie. Da rief der Vater alle Ärzte zusammen, aber niemand konnte helfen, kein einziger Doktor erkannte die Krankheit. Dann aber kam der "Alte Herr" (d. h. der Teufel) auch dorthin der, der auch der Verfolger gewesen war. Er sagte zu dem König: "Ich werde deine Tochter gesund machen, wenn du mir den Lohn versprichst, den ich begehre." Da sagte der König: "Was für einen Lohn forderst du denn?" Er aber sagte: "Keinen anderen Lohn will ich als den Namensring der Königstochter." Da rief der König alle Goldschmiede zusammen und fragte sie: "Könnt ihr noch solch einen Ring machen, wie dieser ist?" Da kamen die Goldschmiede und sagten: "Das können wir wohl tun." Und der König versprach dem Doktor den Ring.Der Ring aber belehrte die Königstochter: "Wenn du mich vom Finger ziehst, dann laß ihn (den Ring) fallen, aber achte darauf, daß du auch ein paar Grützkörner unter dem Fuße hast!" So wurde denn das Mädchen gesund, und der Doktor forderte seinen Lohn. Da wollte die Königstochter sich den Ring vom Finger reißen. Es tat ihr sehr leid, ihn wegzugeben, sie riß ihn so, daß ihr die Augen schon zu tränen begannen. Aber sie riß ihn dennoch ab, und er fiel hinab zu den Grützkörnern, und es wurden nun auch Grützkörner aus ihm. Da verwandelte sich der Doktor in einen Hahn und fing an, die Grützkörner der Reihe nach aufzupicken. Aber da ließ das Mädchen die Grützkörner unter ihrem Fuß los, aus ihnen wurde ein Habicht, der sprang den Hahn an und fraß ihn für immer auf.
Da sagte der Junge zu dem Mädchen: "Jetzt werden wir in dieser Welt nicht mehr zusammenkommen, aber geh und nimm nun dort aus dem Sand deinen richtigen Ring auf, den du früher hattest." Da ging sie hin und nahm ihren Ring auf, der Junge aber ging zu einem Schuhmacher in die Lehre. Da kam aus einem fremden Land ein Freier zu der Königstochter. Aber sie sagte: "Sieh, ich werde keinen anderen heiraten, als den, der mir ohne Maß solche Schuhe macht, die mir genau passen." Da rief der Königssohn alle Schuster der Stadt zusammen und sagte: "Ich werde demjenigen einen großen Lohn geben, der der Königstochter Schuhe machen kann." Aber keiner wollte die Arbeit übernehmen. Nur der Schusterlehrling sagte zu seinem Meister: "Nimm du die Arbeit an!" Da sagte der Meister zu dem Königssohn: "Schau, ich kann diese Schuhe machen, ohne Maß zu nehmen." Da wurde ihm die Arbeit anvertraut, und er erhielt auch Handgeld, einige hundert Rubel. Da ging der Meister mit dem Jungen zusammen in den Krug, und sie tranken vom Handgeld drei Tage lang, bis die Schusterfrau weinend angelaufen kam: "Morgen sollen die Schuhe abgeholt werden, und du hast nicht einmal angefangen!" Da sagte der Junge zu dem Meister: "Laß uns jetzt schnell nach Haus geben!" Und zu der Schustersfrau sagte er; "Sammle alle alten Pantoffelstücke zusammen, die noch zu finden sind!" So gingen sie denn heim. Da sagte jener Junge; "Legt euch jetzt schlafen, ich werde damit schon selbst fertig." Und so wurden die Schuhe auch fertig, und es sah weder der Schuster noch die Frau, wann sie gemacht wurden. Da wurden die Schuhe der Königstochter gebracht, und sie paßten wie angegossen; es war nichts zu viel und fehlte auch nichts. Sie waren wie für den Fuß geschaffen, obwohl sie doch ohne Maß gemacht worden waren.
Aber da wandte die Königstochter wieder ein: "Damit bin ich noch nicht zufrieden. Nun sollen mir auch Kleider ohne Maß genäht werden, die ganz genau passen!" So wurden denn wiederum alle Schneider ("Tuchschmiede'') der Stadt zusammengerufen: "Wer der Königstochter Kleider ohne Maß anfertigen kann, der wird einen großen Lohn erhalten." Da sagte der Jüngling wieder zu seinem Meister: "Nimm du doch die Arbeit an!" Obwohl nun eine große Anzahl von Schneidern zusammengekommen war, wagte keiner, die Arbeit zu übernehmen. Aber der Schuster war auch dort, und er nahm sie an und sagte: "Ich kann aber keinen solchen Stoff kaufen, der dazu nötig ist, wenn ihr mirnicht drei- bis viertausend Rubel Handgeld gebt, denn der Stoff ist sehr teuer." Der Königssohn weigerte sich auch nicht und gab ihm das Geld in die Hand. Dann ging der Meister mit dem Jungen wieder in den Krug, und sie tranken dort drei-vier Tage, und dann kam wieder die Schusterfrau jammernd gelaufen und sagte: "Jetzt sollen schon die Kleider geliefert werden, aber ihr seid nicht zu Hause, und es ist noch keine einzige Nadel in den Stoff gestochen worden!" Da kamen sie aus dem Krug heraus und warfen noch das Geld, das vom Saufen übriggeblieben war, auf die Straße und sagten: "Die armen Blinden mögen das Geld sehen, die aber Augen haben, sollen es nicht sehen!" Da sammelten die Armen all das Geld von der Straße auf, und es war viel Geld für sie. Dann gingen sie heim und sagten der Schusterfrau: "Sammle alle Kleiderstücke zusammen, die es bloß gibt!" Und wieder sagte der Jüngling: "Legt euch nur schlafen, ich werde schon sehen, was zu tun ist." Als dann alle in der Nacht schliefen, machte er die Kleider fertig. So gingen sie denn am Morgen los und brachten sie der Königstochter, und da waren sie so gut geworden, daß sie wie auf den Leib geschnitten schienen, und alle lobten sie, daß sie so gut seien.
Aber wieder sagte die Königstochter: "Ich werde nicht früher heiraten, bis in der Königsstadt eine gläserne Kirche gebaut wird!" Da rief der Königssohn alle Glasermeister der Stadt zusammen: "Versteht sich jemand darauf, eine solche Kirche zu bauen?" Seht, der Wunsch war da, er mußte erfüllt werden. Aber niemand wagte, die Arbeit zu übernehmen. Da sagte der Schusterlehrling wieder zu seinem Meister: "Wollen wir nicht auch diese Arbeit übernehmen?" So ging der Schuster zu dem Königssohn und übernahm es, die Kirche zu bauen. Aber er sagte: "So kann ich sie nicht bauen, es sei denn, man gibt mir Zwölftausend Rubel, um Glas zu kaufen." Da sagte der fremde Königssohn: "Du sollst das Geld haben, wenn bloß die Kirche gebaut wird!" So gab er ihm das Geld, aber man kam damit nicht aus. Da schickte er Leute in sein Land, um das ganze Geld holen zu lassen. Als das Geld aber in die Hand des Schusters kam, ging das Schusterchen wieder mit seinem Jungen in den Krug saufen. So soffen sie mehrere Tage, bis sie nichts mehr wußten, weder von der Erde noch vom Himmel. Aber da kam wiederum die Schusterfrau in fürchterlicher Angst und mit tränenden Augen: "Och je, ihr kümmert euch nicht um eure Arbeit, seht, morgen muß die Kirche fertig sein, aber ihr habt überhaupt noch nicht angefangen!" Da sagte der Jüngling wieder: "Mach dir keine Sorgen, es wird schon alles gut sein. Sammle alle alten Glasscherben zusammen, die nur irgendwie greifbar sind, aus ihnen wird schon etwas zu machen sein!" So machte er sich denn nach Hause auf, und unterwegs nahm er das übriggebliebene Geld und warf es unter das Volk und sagte: "Wer ohne Augen und ohne Beine ist, soll das Geld sehen, aber von den Reichen und Wohlhabenden soll es keiner sehen!" Und so geschah es denn auch. Dann ging er nach Hause, und die Schusterfrau brachte alle alten Glasscherben zu ihm. Da sagte er nur: "Legt euch jetzt hin, ich werde die Arbeit schon allein machen." Da legten die anderen sich denn schlafen, und der Jüngling machte die Kirche ganz aus Glas nach seinem Verstand fertig, und sogar noch Bäume wuchsen hübsch zu beidenSeiten. Dann rief er den fremden Königssohn zum Anschauen, und wie dieser das alles sah, wurde er guten Mutes, daß alles so schön fertig geworden war. So blieb dem Königssohn eine große Schuld unbezahlt für den Bau der Kirche. Da fuhr denn der Prinz zusammen mit seiner Braut in einer Droschke zur Trauung in die Kirche. Aber der Schusterjunge schaute über die Kirchenschwelle herein und rief: "Seht, dieser fremde Königssohn wird in sein Land gehen und da auf dem Scheißhaus sitzen, ich aber werde mit der Königstochter in die gläserne Kirche zur Trauung gehen!" Und so geschah es denn auch: Der Königssohn ging in sein Land und saß auf dem Scheißhaus. Und er sah, wo er war und sagte: "Seht, was aus mir geworden ist! Jetzt bin ich ein verlorener Mann! All mein Geld und Gut ist zu Ende. Nichts habe ich mehr davon!" Der Schusterjunge aber ging mit der Königstochter hübsch in die Kirche zur Trauung und wurde schließlich ihr Mann, er, der schon früher tagsüber ihr Ring, des Nachts aber ihr Geliebter gewesen war. Und so fingen sie denn ein schönes Leben an, und so leben sie vielleicht noch bis zum heutigen Tage.