203. Des Soldaten Mißgeschick

In der Stadt Petersburg stand einmal ein Soldat vor der Tür eines Königs-Speichers Wache. Vor diesem Speicher war ein großer Teich. Das Wetter war an diesem Tage sehr heiß, so daß es dem Soldaten in seiner vollen Königsuniform beinahe schwindelte. Er dachte: "Wer wird mich hier schon sehen, ich werde in den Teich gehen, um mich abzukühlen und zu waschen." Es passierte ihm aber ein Unglück, das seiner Meinung nach nicht hätte geschehen dürfen. Als er gerade im Teich badete, kam der König, um nach seinen Dienern zu sehen. Da der arme Soldat in seiner Not keine Möglichkeit hatte, seine Uniform anzuziehen, warf er sie sich einfach über und schulterte die Flinte; so ging er dem König geradenwegs entgegen und dachte nur: "Helfe nun Gott!" Der König fragte: "Weshalb bist du von der Wache fortgegangen?" Der Soldat erklärte seine Not. Der König ging dann seines Weges und gab dem Vorgesetzten des Soldaten den Befehl: "Der Soldat, der zu der und der Stunde auf Wache war, soll morgen abend in der Uniform, in der er heute auf der Wache war, in mein Schloß kommen!" Der Vorgesetzte gab dem Soldaten den Befehl weiter, wie es ihm zur Aufgabe gemacht worden war.

Am Abend des nächsten Tages erschien der Soldat splitternackt, nur die Uniform übergeworfen und die Flinte auf der Schulter, im Königsschloß, wo die gesamte Verwandtschaft des Königs zusammengerufen worden war. Der Soldat mußte den Befehl befolgen; er kam zur Tür herein, die Hände an die Seite gelegt. Alle Vorgesetzten gingen um ihn herum, zeigten mit dem Finger auf ihn und lachten über ihn. Als das Gelächter zu Ende gegangen war, begannen sie, ihm Geld zu schenken, der eine 50 Rubel, der andere 100 Rubel. Und als alle dem Soldaten genug Geld geschenkt hatten, so daß er schon mehrere tausend Rubel erhalten hatte, fing der König an, seinen Rang zu erhöhen und darüber zu handeln, wer seine Frau werden wolle. Doch niemand war dafür bereit, seine Frau zu werden. Er wurde in der Rangstufe so weit erhoben, bis er schließlich General wurde. Da kam ein Fräulein, das siebzehn Jahre alt war, nahm ihn bei der Hand und sagte: "Dies ist mein Mann!" Dieses Fräulein war des Königs Schwestertochter. Sie schenkte dem Soldaten ein dreistöckiges Schloß und ein Fürstentum, und der Soldat lebte in so großer Ehre wie ein kleines König.