172. Der schlaue Heilige

In alter Zeit wandelte der Heilige Mikul (=Nikolaus) die Erde entlang, und ein Pferd hatte er auch. So kam denn auch Ilja (=Elia) zu ihm und sagte: "Nimm auch mich mit!" Da nahm er ihn auch mit, und sie machten sich zu zweit auf den Weg und kamen an einen Ort, wo ein Mann am Rande des Weges ein gerodetes Feld pflügte. Ein sehr mageres Pferd war vorgespannt, es konnte auf keine Weise pflügen. Da fragten sie den Mann: "Warum pflügst du nicht besser?" Da sagte er: "Was willst du tun, wenn das Pferd nicht fleißiger zu pflügen vermag!" Da sagten sie: "Wir wollen uns hier ein bißchen unter den Strauch legen, spanne unser Pferd vor und pflüge solange mit diesem!" Da sagte der Mann: "Was denn immer, auch das ist gut!" So fing er auch mit jenem an zu pflügen und pflügte eine Furche neben der anderen, bis es zu Ende gepflügt war. Dann fragten sie noch: "Mit welchem Pferd war es besser zu pflügen?" Da sagte der Mann: "Dieser Gast hatte ein gutes Pferd zum Pflügen, aber des alten Mannes Pferd war noch besser." Aber darüber ergrimmte Ilja fürchterlich: "Jetzt hat er mein Pferd schlechtgemacht!" Da sagten sie denn: "Wenn du anfängst, Gerste zu säen, werden auch wir zur Zeit der Aussaat wieder hierherkommen." Der Mann sprach: "Kommt nur immerhin, ich erledige das Roden schon schnell."

So kamen sie denn auch zu der verabredeten Zeit säen, und der alte Mikul säte, Ilja aber zog die Furchen, und der Hauswirt schaute von der Seite zu. Als die Gerste gesät war, fragten sie wieder: "Wer ist denn nun besser von uns beiden?" Und der Mann sagte: "Dieser alte Mann ist doch geschickter: er hat wohl einen Kahlkopf und ist alt, und der jüngere Mann ist wohl hübscher und blutvoller, aber seht, er hat eine sehr große Nase!" Da erboste sich Ilja, daß er so beurteilt wurde, er ärgerte sich und sagte: "Warte, warte, gib mir Zeit, ich schlage dir die Gerste nieder, ich werde auf eine Wolke steigen und einen großen Hagel machen!" Aber Mikul hörte das und hieß dem Bauer, seine Gerste zu verkaufen. So verkaufte dieser sie auch. Als ein großer Hagel kam, schlug er das Gerstchen nieder, so daß der Käufer gar nichts mehr davon hatte.

Als Ilja das sah, nahm er wiederum die Sorge um die Gerste auf sich, verbesserte das Gerstchen, so daß es eine sehr gute Gerste wurde. Mikul sagte zu dem Mann: "Versuch nun, dein Feld wieder zurückzunehmen!" Da nahm der es auch wieder zurück und bekam viel Getreide. Als Ilja das sah, wurde er sehr böse und sagte: "Gib mir Zeit! Ich will sehen, ob er an meinem Tag auch eine Feier abhalten wird. Dann werde ich ihm vergeben. Aber sonst, Bruder, wird es nicht gut für ihn sein!" So ging Mikul denn wieder zu dem Mann und sagte: "Ich rate dir, was du tun sollst: Mache deine Feier am Ilja-Tag und mache recht viel Bier, dann rufe auch mich mit Ilja zusammen zur Feier! Wenn du uns dann Bier gibst, schlage mir mit dem Krug auf den Kopf und sage: ,Du hast nichts nötig!', aber zu Ilja sage: ,Diesem jungen Mann will ich Bier geben, seht, er ist mein großer Wohltäter, er hat mein Gerstchen gesegnet!'" So tat denn auch der Mann nach diesem Rat. Das gefiel Ilja sehr, und er versöhnte sich auch mit Mikul.