163. Der Pfarrer in der Haut des Bullen

Einmal kam auf einen Bauernhof ein bettelnder Krüppel, wurde dort krank und starb. Der Hauswirt war ein armer, aber guter Mensch und wollte den Krüppel schön beerdigen. Er nahm ihn auf seine Schultern, brachte ihn zur Kirche und bat, daß der Pfarrer ihn beerdigen komme. Der Pfarrer war ein halber Tor und sagte, daß man solch einen unbekannten, bettelnden Krüppel nicht auf dem Totenacker beerdigen darf und befahl, neben dem Friedhof am Rand eines Steines ein Loch zu graben und den Krüppel dort zu beerdigen. Dem Mann blieb nichts anderes übrig als zu gehorchen. Als er aber am Rand des Steines das Loch grub, kam dort ein großer Topf voll Gold und Silber heraus. Der Mann beerdigte den Krüppel, nahm den Goldtopf, ging nach Hause und war nun ein reicher Mann.

Der Pfarrer hörte, daß der Mann eine Menge Geld gefunden hatte, und wollte es für sich haben. In einer dunklen Nacht ließ er einen Bullen mit großen Hörnern schlachten, legte sich die Stierhaut um und ging, das Geld von dem Bauern abzuholen. Als er ins Zimmer des Bauern kam, hielt er eine glühende Kohle im Mund und sagte mit rauher Stimme: "Hol dein Geld her, sonst bringe ich dich in die Hölle!" Der Bauer aber fürchtete sich nicht vor dem Teufel, rief seinen Knecht und befahl, Knüppel zu holen, selbst packte er des Teufels Hörner fest. Und als der Knecht die Knüppel geholt hatte, prügelten sie den Pfarrer nach Männerart durch und warfen ihn dann aus der Hofpforte auf die Straße hinaus, von wo er mit großer Mühe nach Hause stolperte und mit schmerzenden Knochen ächzend, die Stierhaut an, sich ins Bett legte.

Am nächsten Tag ging das Gerede: der Pfarrer sei schwer krank. Der Bauer ging ihn besuchen und fand, daß der Pfarrer eben derselbe ist, der in der Nacht sein Geld fragen gekommen war. Gleich ging er hin und gab dies den Vorgesetzten des Pfarrers zu wissen. Der Pfarrer wurde vors Gericht gerufen, aber er kam nicht, und schließlich ging man in seinem Haus nachsehen und fand, daß die frische Haut des Bullen dem Pfarrer am Leibe festgewachsen war, so daß ihn nun alle Menschen fürchteten. Und da er nun häßlich und groß war, ließen die Obersten ihn lebendig mitsamt der Stierhaut begraben. Der Bauer aber lebte von seinem gefundenen Geld und lebt auch heute noch, wenn er nicht gestorben ist.