162. Woher der Hirsch seine weißen Flanken hat

Einmal habe ein schrecklich fauler Mann gelebt, der niemals Lust hatte, etwas zu tun. Einmal im Sommer zur Heuerntezeit habe er bloß so lange gerecht, bis die Haut auf seinem Leib warm wurde, habe dann den Rechen fortgeworfen, sei nach Hause gegangen und habe sich schlafen gelegt. Er habe so lange geschlafen, bis er sehr hungrig geworden sei, aber zu essen habe ihm niemand etwas gegeben. Er habe dann zu Gott zu beten begonnen. Er habe gebetet und gebetet. Schließlich sei ein grauer alter Mann klops! zur Tür hineingekommen. Dieser habe gefragt, was ihm fehle. "Mein Magen ist leer", habe der Mann geantwortet. "Warum arbeitest du denn nicht?" habe der alte Mann gesagt, "mach doch wenigstens einige Vogelschlingen und lege sie aus, vielleicht gibt Gott dir etwas in sie hinein." "Was mit Vogelschlingen zu bekommen ist, ist nur ein Kinderspiel, aber ich kann sie doch aus Langeweile ja aufstellen." Der graue alte Mann sei fortgegangen, und der Mann habe begonnen, die Schlingen zu machen.

Er habe die Schlingen angefertigt und ausgelegt. Am Morgen sei er nachschauen gegangen und habe einen Hirsch in der Schlinge gefunden. Er habe ihn getötet und habe begonnen, ihn zu schinden. Er habe zunächst die Weichen abgezogen. Da sei der alte graue Mann wieder hinzugekommen und habe gesagt: "Sieh, ich sagte es doch, daß Gott vielleicht etwas geben wird." "Hat er nun etwas gegeben? Ich selbst habe es gefangen", habe der Mann geantwortet. Der alte graue Mann habe darauf mit dem Stock in die Weichen des Hirsches gestoßen, dieser sei hoppla! vom Boden aufgesprungen und sei in den Wald gelaufen, so daß die weißen abgezogenen Flanken schimmerten. Was habe der Mann wohl geschrien: "Gott gab, Gott gab!" Es half aber nichts, der Hirsch lief immerzu seinen Weg dahin.

Daher bekam der Hirsch seine weißen Weichen.