In der Gemeinde Prangli lebten in alter Zeit drei Brüder, zwei verheiratete Männer, der dritte und jüngste ein Junggeselle. Die älteren Brüder hat man Paap von Naha und Paap von Poti, den jüngsten Paap von Tikuta genannt. Sie lebten wohlhabend. Dem jüngeren Bruder wurde sein Junggesellenstand leid, und auch er wollte eine Frau haben. Damit er aber eine gute Frau bekäme, ging er zu einem Weisen und fragte ihn um Rat, wen er zur Frau nehmen soll. Der Weise antwortete: "Geh am Donnerstagmorgen früh vor Tageslicht" das war Sommerzeit "zu dem See von Tikuta und frage den See von Tikuta: See von Tikuta, sage mir, wen soll ich mir zur Frau nehmen!' " Der See aber habe ihm nichts geantwortet.
Dann ging er zum zweiten Mal zu dem Weisen, um ihm zu sagen, daß ihm aus dem See niemand weder geantwortet noch mitgeteilt habe, wen er sich zur Frau nehmen solle. Da lehrte der Weise ihn wieder: "Geh zwei Donnerstagabende, nachdem alle sich gebadet haben, zu der Sauna, öffne die Saunatür und frage über die Tür: "Ist hier jemand, der mir sagen kann, wer meine Frau wird?" Er ging am ersten Donnerstagabend und fragte über die Tür, so wie der Weise ihn gelehrt hatte, aber niemand antwortete. Er ging am zweiten Donnerstagabend wieder hin, machte die Tür auf und fragte ebenso. Da erwiderte eine Stimme aus der Sauna: "Jawohl, ich bin bereit, deine Frau zu werden!" Er erschrak, zog ängstlich die Saunatür schnell zu, lief nach Hause, bleich von Gesicht wie ein Toter und wurde vor Schrecken schwer krank.
Danach hat irgendjemand jeden Abend um Mitternacht an seinem Bett gestanden und gesagt: "Warum hast du mich betrogen? Du versprachst doch, mich zu heiraten, und jetzt nimmst du mich nicht!" Der Vater und die Mutter von Paap hörten auch diese Rede, aber als sie das Feuer anmachten, sahen sie niemanden. Sie gingen und teilten es dem Pfarrer mit. Der Pfarrer kam ins Haus und hielt bei dem Kranken eine Andacht, zuletzt auch bei der Sauna, weil niemand mehr Mut hatte, in die Sauna zu gehen. Als der Pfarrer alle Gebete vor der Saunatür gelesen und Amen gesagt hatte, sprach irgendjemand dem Pfarrer "Amen!" nach. Als der Pfarrer hörte, daß eine Stimme ihm "Amen" nachgesprochen hatte, faßte er sich wieder zusammen. Er hielt das für ein Zeichen, daß das kein böser Geist sein konnte; so trat er in die Sauna hinein und fand dort ein junges Frauenzimmer.
Paap von Tikuta war fast am Sterben, legte auf seinem Krankenbett ein Gelübde ab und sagte: "Wenn Gott mich gesund werden läßt, will ich dieses junge Frauenzimmer aus der Sauna, die sich mir jede Nacht bei meinem Bett immerfort anbietet, daß ich sie heiraten soll, zur Frau nehmen." Danach fing Paap an, gesünder zu werden. Als er ganz gesund geworden war, konnte er sein Gelübde nicht brechen. Er ging am Abend zu derselben Zeit zur Sauna, wie er einst dort am Donnerstagabend gefragt hatte, wer seine Frau werden sollte. Dort fand er ein schönes junges Mädchen nackt sitzen und erbärmlich weinen. Paap erfreute sie mit den Worten, daß nun die Zeit gekommen sei, wenn er sie zur Frau nehmen kann. Er führte sie ins Zimmer, und die Eltern waren über sie sehr froh; sie sahen, daß sie ein sehr schöner Mensch war. Die Eltern von Paap kleideten sie als einen jungen Menschen hübsch an. Zur Zeit des Morgenlichtes hatten die Eltern schon ihren Rat abgehalten, sie und ihren Sohn zur Kirche zu führen und sie dem Pfarrer vorzustellen. Dieses Mädchen hatte ihnen gesagt, daß ihre Mutter sie, als sie noch Kind war und in der Wiege schlief, dem Kobold versprochen hatte, in dessen Netzen sie bisher gewesen war.
Dann wurde sie vom Pfarrer getauft, und man ließ die beiden drei Tage lang in der leeren Kirche vor dem Altar zu Gott beten. Die ganze Zeit mußten sie dort die Bibel lesen, und man hat ihnen gesagt: "Ihr durft euch weder umschauen, noch euch bei eurem herzlichen Gottesdienst stören lassen, mögen auch eure Eltern euch von dort abrufen kommen, ihr durft auf ihre Schmeicheleien keine Rücksicht nehmen! Selbst wenn die Kirche rings um euch zerstört würde, dürft ihr darauf weder achten noch euch umschauen, noch ein Wort mit jemandem sprechen, sondern ihr solltet immerfort kühn weiterlesen!" Um sie herum hatte man dreifach gesegnete Kreise gezogen, damit kein böser Geist sich ihnen nähern könnte.
Als sie so in der Kirche allein gelassen waren, kamen um zwölf Uhr in der Nacht kohlschwarze Menschen durch die Kirchentür herein. Auf einmal standen brennende Lichter in den Kronleuchtern, und die Kirche war so hell wie zur Tageszeit. Man begann mit lauter Stimme zu lesen und danach zu predigen. In der Predigt wurden ihnen Drohungen und Strafen angekündigt, was alles geschehen wird, wenn sie sich nicht bessern und nicht aus der Kirche zu ihrem Elternhaus gehen oder wenigstens aus diesen verzauberten Kreisen nicht herauskommen würden. Nach der Predigt nahm man wiederum das Singen auf, und das dauerte so lange, bis der Hahn zu krähen begann, dann liefen die Sänger mit Gewimmel und Zischeln aus der Tür, und alle Lichter, die so hübsch in der Kirche gebrannt hatten, waren verschwunden. Für die beiden blieb nur ihr Altarlicht auf dem Altar brennen, und so blieben sie und lasen immer weiter. In der zweiten Nacht traten um Mitternacht Paaps Vater und Mutter aus der Kirchentür herein und kamen zu ihnen und baten sie, wenn sie ihre gehorsamen Kinder sein wollten, zusammen mit ihnen nach Haus zu kommen. Sie sagten sogar: "Wir haben bedacht, daß wir euch mit unserem Rat eine große Mühe auferlegt haben. Wie mag das weitergehen? Wir konnten nicht mehr anders, wir fingen an nachzudenken: die beiden sind schon zwei Nächte und einen Tag allein in der leeren Kirche! Diese zwei Nächte haben wir völlig schlaflos verbracht. Gehorchet nun und kommt nach Hause!" Sie traten aber nicht über die drei Kreise zu ihnen. Die beiden achteten nicht auf ihr Gerede und schauten nicht auf sie, sondern lasen nur weiter. Sobald der Hahn schrie, waren der Vater und die Mutter in Not und gingen wie Asche und Staub aus der Tür heraus.
Als die dritte Nacht kam, kamen um Mitternacht wiederum allerlei böse Geister in die Kirche, in der Gestalt von Hunden, Katzen, Ziegen und Schweinen. Manche unter ihnen, die in Menschengestalt waren, plagten und sagten: "Kommt doch nun gutwillig aus diesen verzauberten Kreisen heraus, sonst werden wir diesen Tieren befehlen, euch mit allem Fleisch und Gebein aufzufressen." Jedoch lasen sie ununterbrochen weiter. Als diejenigen in Menschengestalt einsahen, daß weder Erschrecken noch Bedrohen wirkte, gaben sie den Tieren den Befehl, die ganze Kirchendiele mit dem ganzen Erdboden unter ihren Füßen zu vernichten. Nun fing man an, die Diele zu zerbeißen, so daß ihre Zähne im Munde knirschten. In kurzer Zeit war die ganze Kirchendiele von den Schweinen und Hunden tief zerbissen, und zwar bis zu dem um ihnen gezogenen gesegneten Kreis, den sie unter ihren Füßen nicht anrühren durften, ja, sogar der Erdboden war zwischen den Kirchenmauern weggezogen. Als sie beide ernsten Sinnes immerfort weiterlasen, nicht ängstlich wurden und aus ihrem Kreis nicht herauskamen, waren augenblicklich die schwarzen Menschen der ersten Nacht da, krochen wie Katzen die Wände herauf und begannen die Kirche zu zerstören, beim Dach angefangen. Plötzlich kam das ganze Kirchendach herab, die Decke war weg und Steine und Kalk fielen donnernd nach unten. Sie lasen immerfort vor dem Altar. Zwei Seitenmauern der Kirche waren schon niedergerissen, und ein schrecklich großer Steinhaufen stand an Stelle der Kirche, nur der Kirchturm und die Hintenmauer der Kirchen standen noch. Sobald aber der Hahn schrie, gingen sie alle speiend davon, und die Kirche stand wieder heil da wie zuvor. Die beiden blieben noch bis zum Morgen in der Kirche lesen, ihre Verführungszeit aber war wohl schon mit dem Hahnenschrei um.
Am Morgen, als die Sonne aufstand, kamen auch Paaps Eltern und der Pfarrer mit ihnen in die Kirche, auch Hochzeitsmarschälle und Brautjungfern waren eingeladen. Der Pfarrer segnete sie zuerst vor dem Altar und hielt ein Dankgebet für ihre Rettung. Danach traute er sie zu einem Ehepaar. Als sie getraut waren, gingen sie mit ihren Eltern, Marschällen, Bautjungfern und anderen Verwandten nach Hause und hielten im Namen Gottes auch das Hochzeitsfest ruhig ab.
Das junge Paar hatte nun schon sieben Jahre als Ehepaar zusammengelebt. Während dieser Zeit hatte Gott ihnen auch drei Kinder geschenkt. Die beiden gingen gerne zum Gottesdienst, wenn sie nur konnten und wenn sie gesund waren. Paaps Frau war ein ernster Mensch, keine Plaudertasche, auch kannte sie weder groben Spaß noch Hochmut. Paap hatte in diesen sieben Jahren, die sie schon zusammengelebt hatten, aber noch niemals gesehen, daß seine Frau gelacht hätte. Einmal jedoch, am mittleren Pfingsttag, als sie zu zweit nebeneinander den Weg zur Kirche gingen, säte ein Mann Gerste auf seinem Acker. Die beiden schauten in diese Richtung und sahen es. Paap bemerkte es und wunderte sich darüber, ging aber seines Weges neben der Frau weiter und sprach kein Wort, seine Frau aber lächelte. Bei Paap stieg die Begierde, zu erfahren, warum seine Frau lächelte, die bis jetzt noch nie in ihrer Ehe gelacht hatte. Paap blieb zuerst still, er fing nicht an, sie auf dem Kirchweg auszufragen.
Als sie bei der Kirche ankamen, wurde schon zum dritten Mal geläutet. Der Gottesdienst fing an, und sie gingen auch in die Kirche. Als das erste Lied vor der Predigt gesungen und der Pfarrer auf der Kanzel die halbe Predigt schon gehalten hatte, suchten die Augen Paaps seine liebe Frau auf den Bänken der Frauenseite auf. Er warf seine Augen nur einen Augenblick auf seine Frau und sah, daß sie lächelte. Nach einer Weile sah er sie zum zweiten Mal lächeln und wieder zum dritten Mal. Paap schaute über das ganze Volk und bemerkte dort nichts Lächerliches oder Spaßhaftes. Er behielt diese Beobachtung für sich und dachte: "Ich werde von ihr erfahren, warum sie heute mehrere Male lächelte, besonders im Gotteshaus, wo es ja nichts Lächerliches zu sehen gibt und auch nicht geben kann."
Als sie beide zu Hause ankamen, fühlte Paap immer noch die Begierde zu erfahren, warum seine Frau auf dem Weg und auch in der Kirche gelächelt hatte. Er zog seine schöne liebe Frau auf die Knie und fragte sie: "Sage mir doch, Liebste, warum du dort auf dem Weg lächeltest, als wir zur Kirche gingen? Und in der Kirche sah ich es auch, daß du dreimal die Hand vor den Mund legtest und schmunzeltest. Wir haben schon mehr als sieben Jahre als ein Ehepaar gelebt, und was ich gewußt habe, das hast auch du alles von mir erfahren, nichts habe ich vor dir verheimlicht, kannst du mir nicht auch sagen, warum du auf dem Kirchweg und in der Kirche lächeltest?"
Seine Frau entschuldigte sich zuerst und sagte: "Lieber Mann, was forderst du so viel? Was sollte das wohl gewesen sein, worüber ich lachte? Als Paap, ihr Gatte, sie mit seinen Fragen immerfort drängte, sagte sie zuletzt: "Welchen Nutzen hast du davon, wenn ich es dir sage? Vielmehr wohl Schaden, denn sobald ich es dir sage, bleibst du ohne mich! Na, gut, ich sage es dir, aber versprich du auch, daß du mir sagst, woher du mich bekommen hast!" Der Mann dachte: "Was denn, ich kann es ihr wohl versprechen oder sogleich schon sagen: sie kann doch nicht mehr irgendwohin weggehen!"
Die Frau fing an, zu erzählen und sagte: "Du sahst heute, daß ein Mann am Kirchweg, als wir zur Kirche gingen, Gerste säte und daß es auch ein wenig Wind gab, das hattest du beobachtet. Als dieser Mann eine Handvoll Körner warf, kam der Wind und trieb den Samen in die Zähne des alten Kobolds. Er war so voll vom Getreide des Mannes, daß es aus seiner Nase, aus seinen Ohren und Augen herausquoll. Das war für mich sehr komisch anzusehen, und ich lächelte. Ob dieser Mann säte oder nicht, ihm wird sowieso in diesem Jahr nichts als nur Straußgras wachsen. Warum ich in der Kirche lächelte, geschah daher: der Kobold war auch in die Kirche nachgekommen, einen Bastquast und einen Blaseneimer in der Hand, voll Schlafmittel der Sünden. In diesem Eimer feuchtete er seinen Quast an und fing an, Schlafmittel aufs Volk zu spritzen. Sehr viele Leute begannen zu schlummern, und er hatte eine zusammengedrehte Pferdehaut in der Hand, darauf schrieb er die Namen der Schlummernden auf, und in dem ganzen Kirchenvolk gab es so viele dieser Schlummernden, daß die Pferdehaut von diesen Namen voll wurde. Er nahm die Hautkante an drei Stellen zwischen die Zähne, drehte diese Pferdehaut größer und breiter, schlug aber bei jedem Drehen seinen Kopf so heftig an die Wand der Kirchenmauer, daß es knallte. Jedes Mal, wenn er seinen Kopf gegen die Wand schlug, daß sein ziegenbartähnlicher Bart am Kinn zitterte, lächelte ich. Die Gründe, warum ich auf dem Weg und in der Kirche lächelte, habe ich dir gesagt, nun aber sollst auch du dein Versprechen halten und mir sagen, wie du mich bekommen hast."
Der Mann sagte es ihr gar nicht so ernsthaft, sondern sagte nur im Spaß: "Ich hörte, daß du in der Sauna weintest. Da sagte ich dir durch die Tür: komm heraus! Ich werde dich heiraten! Du drängtest dich wie ein Faden aus der Sauna durch das Klinkenloch der Tür zu mir heraus, und draußen bliebst du so groß wie du jetzt bist. So wurdest du meine Frau."
Sobald Paap das gesagt hatte, verschwand seine Frau vor seinen Augen. Paap blickte nach seinem Gerede auf die Türklinke, ein kleines Endstück des weißen Fadens ging aus dem Klinkenloch hinaus. Paap sprang vor die Tür hinaus und sah, daß seine Frau den Acker längs lief, bis sie zu einem großen Stein kam; den hob sie an einer Seite hoch, ging selbst unter diesen Stein und ließ ihn wieder auf sich nieder. Von dort kam sie immer während der Mittagszeit heraus, und die Kinder gingen dorthin zu dem Stein: dort kämmte sie ihr Haar, gab ihnen saubere Hemden und leinene Unterröcke, die die Kinder ihr dorthin zum Waschen brachten.
Als die Frau auf solche Weise einige Monate wieder in ihren früheren Netzen gefangen war, wurde ihrem Mann der Rat gegeben: "Sieh, jedes Mal, wenn sie unter diesem Stein herauskommt, wirft sie ihre Hülle von sich auf den Stein, dann sitzt sie nackt auf dem Stein und kämmt ihr Haar. Lege etwa zehn Faden Holz rings um den Stein herum und entzünde das Holz! Wenn das Holz um den Stein verbrennt, dann ist der Stein heiß geworden, und sie kommt von unten heraus sich abzukühlen. Sie wird unter der Nordseite des Steines herauskommen, du stehe an der Südseite, mach keinen Laut und rühre sie nicht an, bevor sie ihre Haut ablegt, dann greife sie zart, aber fest um, bringe sie nach Haus, lege ihr ihr Kommunionskleid an und führe sie wieder zum Pfarrer!"
Sobald sie unter dem Stein herauskam und ihre Scheinhaut auf den Stein niederlegte, brannte die Haut darauf sofort an, und ihr Mann griff sie fest um, ließ sie nicht weg, brachte sie nach Hause, legte ihr ihr Kommunionskleid an und führte sie zum Pfarrer. Der hielt bei ihr Gebete. Es traf auch zu, daß ein junger Arzt bei dem Pfarrer zu Gast war. Ihr wurde Arznei zum Erbrechen gegeben, wie es ihr der Arzt vorschrieb. Darauf hat die Frau zu erbrechen begonnen und hat aus sich sieben Schlangen erbrochen. Danach hat Paap seine schöne Frau wieder nach Hause geführt. Die Frau war wieder gesund wie früher, im Stand eines christlichen Menschen. Paap lebte danach mit seiner Frau noch zwanzig Jahre gut in Liebe und Gefallen. Nie hat seine Frau mehr eine Vision gehabt, hat auch nie mehr über etwas gelacht.
Sie war die Tochter eines Gutspächters gewesen. Ob ihre Eltern das zu wissen bekamen oder nicht, daß sie wie ein Findelkind zur Frau Paaps geworden war, das hat mir der Erzähler dieser Geschichte nicht berichtet, und auch ich weiß es nicht zu sagen. Soviel ist aber wahr, daß die schöne Frau Paaps körperlich wie aus dem "Herrengeschlecht" herzustammen schien.