152. Der verständige Salomo ("Eine Geschichte von Christ-Gott")

In uralter Zeit gingen zwei arme Bettler, die sich verständig zusammen getan hatten und gemeinsam das Brot teilten, ihres Weges. Der eine von ihnen war fast lahm, der andere fast blind. Deshalb legten sie ihr letztes Hab und Gut zusammen und kauften sich ein Pferd und einen Wagen, aber so, daß das Pferd dem einen, der Wagen dem anderen gehörte. Das Pferd war glücklicherweise trächtig, und es bekam unterwegs ein Füllen. Der im Wagen Sitzende, der halblahm war, aber die Sachlage klar sah, sagte: "Das Pferd bekam ein Füllen!" Der andere aber, der halbblind war und einen trotzigen Geist hatte, sagte: "Der Wagen hatte ein Füllen!" Zudem äußerte er seinen Eigensinn auch deshalb, weil der Wagen sein Eigentum war. Sie fingen an, wegen des geschehenen Glückfalls miteinander heftig zu streiten, später auch einander zu reizen, bis sie in die Nähe der Königsstadt kamen, wo die schwangere Königin in Begleitung ihrer Diener und in der Gesellschaft ihrer Freunde auf dem Spaziergang war. Die Bettler sahen und erkannten auch die Königin und klagten ihr ihren Fall und Streit.

Die Königin aber, die es für ihre Pflicht hielt, ihnen Recht zu sprechen, sagte: "Nehmt ein Wagenrad ab und laßt es bergab rollen, ebenso laßt das Pferd zwischen den Deichseln los: zu welchem von beiden das Füllen gehen wird, dem gehört es!" Das Gerichtsurteil der Königin wurde gutgeheißen, und das Pferd wie das Wagenrad wurden auf dem Platz losgelassen. Als irgendjemand das Wagenrad zum Rollen anstieß, ging das Füllen ihm im Trab nach. Und so erhielt der Wagenbesitzer das Füllen, während der andere in ungerechter Weise darum betrogen wurde. Als ein so ungerechtes Urteil von der Königin gesprochen wurde, schrie ihr ungeborener Sohn unter ihrem Herzen: "Die Hure spricht der Hure Recht!" Das Herz der Königin wurde darauf schrecklich böse, daß sie aus ihrem eigenen Leib beschimpft wurde, und sie drohte bei sich: "Warte, Hund! Komm erst ans Licht, ich werde schon sehen, ob ich dir nicht auch einen Hundelohn anbieten werde!"

Nach einigen Wochen brachte die Königin den Sohn zur Welt; sie befahl bei der Geburt der Hebamme, ihn in die Küche zu bringen und dort zu braten, sein junges Herz herauszunehmen und ihr zur Speise zu braten. Als die Hebamme den Knaben töten wollte, fing das verständige Kind an zu bitten: "Liebe Hebamme, laß mich im Leben und töte an meiner Stelle das Hündlein, nimm sein Herz heraus und brate es meiner bösen Mutter zur Speise! Bringe es jedoch so auf den Tisch, daß es beim Auflegen niederfällt, dann wird sie das Hundeherz nicht aufessen. Sonst würde sie es beim Essen noch erkennen, und du würdest vielleicht noch in Not geraten. Mich selbst aber bringe zum Schmied ins Stroh der Kaffscheune. Dort wird man mich schon finden!"

Die weichherzige Hebamme tat auch so und brachte den kleinen Jungen in die Kaffscheune des Schmiedes, während sie in der Küche das Hündchen tötete und sein gebratenes Herz der Herrin zum Essen brachte. Absichtlich ließ sie den Teller aus der Hand fallen; als die Königin das sah, sagte sie: "Na, laß es denn gehen! Ein Hund war er ja und mag auch Hundespeise werden!" Die Hebamme sammelte die Herzstücke des Hundes unter dem Tisch zusammen und brachte sie hinaus. Die Sache war damit erledigt.

Der König selbst aber war schon mehrere Monate lang im Krieg, und er wußte genau, daß seine Frau "so" war. Dasselbe dachte die Königin, daß sie ihrem Mann von der Geburt und dem Verschwinden ihres Kindes wird kundgeben müssen. Sie hatte schon früher erfahren, daß die junge Frau des Schmiedes einen hübschen Sohn nach Haus gebracht hatte. Sie ging auch sofort dorthin und nahm den Sohn der jungen Frau des Schmieds als Pflegesohn zu sich, was diese der Königin auch nicht verbieten durfte. So konnte die böse und tückische Mutter auch ihren Gemahl betrügen. Am anderen Morgen ging die Magd des Schmiedes für die Kühe aus der Kaffscheune Stroh holen. Da begann ein kleines Kind aus der Streu zu reden: "Hole soviel Stroh wie du willst, nimm aber den Strohkönig nicht mit!" (Russische Volksetymologie für Salomo =Salomon bzw. soloma.)

Die Magd erschrak zuerst wohl über eine so unglaublich helle Stimme; nachdem sie sich aber gefaßt hatte, suchte sie den wunderbaren "Strohkönig" aus der Streu heraus und brachte ihn nach Haus, worüber sich ihre Hausfrau wie auch ihr Hauswirt beide freuten, um so mehr über ein solch wunderbares Knäblein, das so klein war und schon so klar zu sprechen verstand. Sie hielten ihn für eine Gabe Gottes an Stelle ihres eigenen Sohnes und gaben dem Sohn den Namen Salomon. Und als er größer wurde und er seine Klugheit in jeder Hinsicht immer wieder bewies, riefen sie ihn den "Verständigen Salomon".

Salomon, der Sohn des Schmiedes, und der Königssohn wurden beide auf gleiche Weise älter und größer und waren immer beim Spielen zusammen, wie die Kinder es zu tun pflegen. Als der König einmal mit seinem Sohn außerhalb der Stadt auf einer großen, breiten Ebene spazierenging, den Sohn an der Hand führend, kam auch Salomon, der Sohn des Schmiedes, ungeladen als Gefährte des Königssohns mit, was der König auch nicht verbot. Als sie zu dritt spazierten, fragte der König seinen Sohn: "Sage, Sohn, wozu solch eine große und flache Flur gut ist?" Er antwortete: "Jawohl, Papa, das ist hier ein sehr guter Boden, und wenn er aufgepflügt und zur Rodung gestellt wird, dann wird er zehn Jahre lang zehnmal so viel Getreide geben wie gesät, und zwar ohne Dung."

Der König schüttelte traurig den Kopf. Er wandte sich zu dem Sohn des Schmiedes und fragte: "Nun, Knabe, was sagst du zu diesem Land?" Der verständige Salomon erwiderte: "Ja, großer König! Das ist ein großes flaches Feld, auf dem es sehr gut ist, das Kriegsheer zu schulen." Diese Rede gefiel dem König, und er nahm den Sohn des Schmiedes zu sich als Pflegesohn. Obwohl es dem Schmied weh tat, einen so verständigen Knaben dem König zu geben, der seinem Pflegevater schon ein großer Blasebalg-Zieher und Helfer bei der kleineren Schmiedearbeit war, durfte er ihn dem König doch nicht vorenthalten.

Salomon wuchs im königlichen Haus stolz auf und wurde schließlich ein sehr schöner junger Mann, der sich von weither die Tochter des Kühlkonigs zur Frau holte. Der gute Mann fiel aber mit seiner Heirat schön herein: die liebste Tätigkeit seiner Frau war es, öfters weit weg nach Hause zu gehen, dorthin, woher sie gekommen war und wohin sie auch zurückging; bei ihrem verständigen Mann mochte sie gar nicht gern sein. Als Salomon solch eines Lumpenweibes überdrüssig wurde, weil sie ja beinahe das ganze Jahr nicht mehr zurückkam, nahm er sein Hirtenhorn, womit er bei dem Schmied die Herde geweidet hatte, und ging ganz und gar ins Kühlland, um seine verschwundene Frau zu suchen. Als er dort ankam, erfuhr er, daß der alte Kühlkönig gerade gestorben und ein anderer junger König an seiner Stelle zum Herrscher gewählt worden war, mit dem sein liebes Mädchen (d. h. seine Frau) ganz wie ein Paar zusammenzusein pflegte.

Salomon, wie ein verständiger Mann immer, begriff die Sachlage sofort und machte von den Ränken seiner Frau mit dem fremden Mann nichts her, sondern fing an, sie freundlich nach Haus zu rufen. Die Frau wurde daraufhin sehr traurig und klagte über die Sachlage ihrem Geliebten, der Salomon in ein festes Gefängnis stecken und nach dem Rat seiner Geliebten zum Erhängen verurteilen ließ. Als der Todestag Salomons gekommen war, gebar seine Frau dem fremden Kühlkönig eine Tochter, weshalb sein Erhängen noch auf ein paar Tage verschoben wurde. Vor dem Tod wurde er gefragt, welcher Art die Stricke sein sollten, mit denen man ihn erhänge. Da sagte er dem Fragenden: "Bereitet zwei dicke Stricke, den dritten aber sehr dünn, bloß so dick wie ein Schuhband, mit diesem erhängt mich!" Der fragende Gefängniswärter brachte seine Antwort zurück, und so wurden ihm die gewünschten Stricke angefertigt. Sein Todestag wurde im ganzen Reich kundgegeben, worauf die ganze Bevölkerung des Kühlreiches samt dem König und seiner Geliebten zusammenströmte.

Salomon aber hatte sein Hirtenhörnlein mit, womit er früher seine Herde gerufen hatte, wohin er nur wollte. Ebenso waren immer alle Tiere auf den Laut seines Horns von allen vier Winden zusammengekommen. Nun im Mannesalter im Königshaus rief er mit seinem wunderbaren Horn ein so großes Kriegsheer zusammen, das seiner großen Menge wegen nirgendwo Platz hatte und deshalb in der Luft bis zu den Wolken stand: von diesen Kriegern gab es so unsagbar viele, daß die Erde sich fast unter ihnen bog. Bevor er in das Kühlland ging, hatte er seinem Luftheer gesagt: "Blase ich einmal mein Horn, macht euch bereit! Blase ich ein zweites Mal, kommt! Ein drittes Mal, haut zu, soviel ihr nur konnt!"

Als nun Salomon vor einem riesengroßen Heer auf die Stufen des Galgens trat, da sagte er zu dem Kühlkönig: "Ich erinnere mich an mein Hirtenjodeln, gestatte mir, mein Horn noch einmal vor dem Tod zu blasen!" Der König gestattete es auch. Jetzt blies er ein sehr wehmütiges Stück, worauf allen Tränen in den Augen zu fließen begannen. Danach wollte man ihn hochziehen, aber er sagte zu dem König: "O großer König, gestatte mir es noch einmal, mich an mein Hirtenjodeln zu erinnern!" Es wurde ihm gestattet. Er blies wieder so weich und wehmütig, daß allen Zuhörern die Tränen in die Augen kamen. Nur seine eigene frühere Frau wurde sehr böse, und sie stöhnte mit tückischer Stimme: "Henker, Henker, macht schnell, was zögert ihr?" Der Laut des Horns verscholl, und ein starkes Weinen und Schluchzen bewies, daß alle Seelen außer der der grausamen Königin gerührt waren. Nach kurzer Zeit sagte Salomon zu dem König: "O großer König, gestatte mir noch, vor dem Tode von euch allen durch mein Hirtenhorn Abschied zu nehmen!" Auch das gestattete der König noch.

Sobald Salomon ein paar Atemzüge geblasen hatte, fing die weltgroße Volksmasse an zu heulen: "Eine große schwarze Wolke kommt an, fliehe jedermann, wohin man kann! Ein großer Hagelregen ist da!" Kaum hatte das Volk sein Heulen beendet, als Salomon vom Galgen dem Kühlkönig zurief: "Hei, großer Kühlkönig! Sieh, meine Täubchen schlagen deine Krähen!" Gnade und Rettung gab es für niemanden, die Täubchen Salomons schlugen das ganze Volk in Stücke. Nur der Kühlkönig mit seiner falschen Frau und ihren Kindern wurden von Salomon am Leben erhalten, da standen sie zitternd und erwarteten ihren verdienten Lohn. Bald machte der verständige Salomon ihrem furchtbaren Leben ein Ende und erhängte den König und seine Geliebte mit den zwei dicken Stricken, während er mit dem dünnen, schuhbanddicken Strick ihre Kinder erhängte; damit bezahlte er ihnen den passenden Lohn und stieß sie in das Grab, das sie selbst gegraben hatten.

Der Kühlkönig und der größte Teil seines Volkes kamen auf diese Weise um, worauf Salomon mit seinem unsagbar großen Heer in die Heimat zurückzog. Sein Vater war sehr froh, daß er einen so ausgezeichneten Pflegesohn hatte, der sich an seinen Feinden so tüchtig zu rächen verstand. Er bedauerte in seinem Herzen, daß sein eigener leiblicher Sohn so dumm und blödsinnig war und von den Kriegssachen gar nichts verstand. Der kluge Salomon schien dies zu begreifen, und sein guter Vater tat ihm sehr leid. Da legte er die Scham ab und sagte: "Lieber Vater! Ich habe mich an meiner Hure mit Überfluß gerächt, du hast aber deine Hure noch gar nicht belehrt!" Dann erklärte er seinem Vater ausführlich alle Ränke und Stücke, die seine Frau hie und da getan, und wie sie sogar ihn zu töten und sein Herz sich zur Speise zu braten befohlen hatte. Auch erzählte er dem Vater, wie er sich mit seinem Verstand vor solchem Tod rettete und von der Hebamme in die Kaffscheune des Schmiedes gebracht worden war.

Der König erzürnte sich auf solche Rede hin gnadenlos, und er drohte, seine liederliche Frau sogar umzubringen. Die Frau aber horchte heimlich hinter der Tür. Als sie den schrecklichen Zorn und das Zähneknirschen ihres Mannes hörte, nahm sie sich vor zu fliehen, um ihr Leben zu retten. Als der König sie später suchte, um der Hure den Hurenlohn zu bezahlen, fand er, daß die liebe Frau mit all ihrem Krimskrams und vielem Geld fortgegangen war, niemand wußte, wohin. Sie verschwand wie unter der Erde.

Nach einigen Jahren folgte auch der König seinen Eltern ins Grab nach, und sein Sohn Salomon blieb der Herrscher des ganzen Reiches, der nie mit jemandem Krieg führte, obwohl er ein unsagbar großes Heer hatte. Nach langem Herrschen starb er und wurde begraben. Das ganze Reich betrauerte ihn als einen lieben Vater. Aber obwohl er immer ein guter, gerechter und frommer König gewesen war, ging auch seine Seele in die Hölle, weil er ja vor Christ-Gott lebte und starb. In jener Zeit gingen alle guten sowie schlechten Verstorbenen noch in die Hölle und niemand kam in den Himmel, weil Adam seine Unterschrift dem alten Bösen gegeben hatte. Seines Leichtsinnes wegen mußten dann auch alle an den schlechten Ort kommen, also auch der verständige Salomon.

Als dann Christ-Gott am ersten Ostermorgen in die Hölle ging, um alle von dort herauszuholen, sieh, da rief Christus: "Stinkende Höllenpforten, öffnet euch!" Sogleich begannen die Hüllenpforten stark zu knacken und zu knallen, öffneten sich aber noch nicht. Christus rief zum zweiten Mal: "Stinkende Höllenpforten, öffnet euch!" Da begann ein schrecklich großes Getöse und Geprassel, als ob die ganze Stadt im Feuerbrand stünde. Aber noch öffneten sich die Höllenpforten nicht ganz, sondern nur halb. Nun rief Christ-Gott zum dritten Mal sehr fest entschlossen: "Stinkende Höllenpforten, öffnet euch!" Ach du lieber Himmelsje, wie dann ein großes Dröhnen und Getöse begann, worauf der ganze Höllenpfuhl zitterte und bebte. Die Höllenpforten gingen mit großem Geklirr ganz auf, und tausende und abertausende Männer und Weiber, groß und klein, gingen der Reihe nach aus der Hölle heraus, die Christ-Gott alle direkt in den Himmel brachte. Salomon aber nahm er nicht mit, sondern sagte bloß zu ihm: "Du wirst mit deinem Verstand wohl selbst herauskommen!" Ischarioth, der Christus verriet, saß im Schoß des alten Bösen selbst, auch jenen rief Christus aus der Hölle heraus, aber sieh, Ischarioth ging nicht, sondern sagte nur: "Ich traue mich nicht, obwohl ich gehen möchte!"

Als nun alle aus der Hölle der Reihe nach herausgekommen waren und dort außer dem alten Bösen niemand mehr zurückblieb, als nur Ischarioth und Salomon, da begann der verständige Mann darüber nachzudenken, was dort zu tun sei und wie er von dort mit Hilfe seines Verstandes herauskommen könnte. Nach einer Weile nahm er den Fadenstock und fing an, die Hölle von einem Ende bis zum anderen auszumessen. Der alte Böse aber schaute wütend und befremdet auf Salomon und fragte: "Was willst du hier messen?" "Ich messe einen Platz für ein Kloster oder einen, wohin man eine Kirche bauen könnte", sagte der verständige Salomon. Darauf wurde der alte Böse sehr zornig, er sprang plötzlich wie ein Tiger auf und wollte Salomon erwürgen.

Als er sah, daß er auf diese Weise mit dem Bösen nicht zurechtkommen kann, begann er listig zu sprechen und dem alten Bösen zu schmeicheln: "Höre, was meinst du, Christus wird wohl noch einmal in die Hölle kommen, nämlich zu mir? Hämmert ganz starke Fesseln und legt ihn damit fest!" Dieser Rat gefiel dem alten Bösen sehr, er begann, mit der Zunge zu schnalzen und zu fragen: "Bist du denn auch ein Schmied, König Salomon?" "Ich habe in meiner Jugend auch Schmiedearbeit gelernt", sagte Salomon. Jetzt fing der alte Böse an, allerlei Eisenkram zusammenzutragen, und Salomon fing an zu hämmern. Nach einigen Stunden Arbeit war eine Reihe von Fesseln fertig, die der alte Böse sich um den Hals legte und ihre Härte probierte. Als er sie mit den Händen packte, pratz! waren die Fesseln entzwei, und er sagte zu dem Schmied: "Eine Reihe wird wohl nicht reichen, was ich zerreiße, das wird auch Christus zerreißen, er ist doch nicht schwächer!" Salomon hämmerte die zerrissenen Fesseln wieder hart zusammen und machte noch eine zweite Reihe von Ketten dazu. Der alte Böse paßte sie sich um den Hals, packte sie etwa zwei-, dreimal - pratz, pratz! waren beide Kettenreihen wiederum entzwei, und der alte Böse sagte: "Auch damit wird es nichts, er wird sie ebenso zerreißen wie ich. Schmiede auch die dritte Reihe dazu!"

Jetzt begann Salomon das dritte Mal die Fesseln zu hämmern, nachdem er die zweifachen Ketten wieder zusammengesetzt hatte. Als ein Metallring oder Kettenglied fertig wurde, sagte er "Amen" darauf, wurde das zweite, dritte, vierte Glied fertig, sagte er immer "Amen", bis das letzte Kettenglied fertig war, das er als das allerletzte Glied dem alten Bösen um den Hals vernietete. Auch dann sagte er, die letzten Hammerschläge schlagend, "Amen, Amen!" Kaum war Salomon mit seinem Amen-Sagen fertig geworden, als Christ-Gott selbst, an der Höllenschwelle stehend, zum dritten Mal rief: "Amen, auf ewig Amen!" Da fing der alte Böse an, in den Fesseln zu springen, wie ein Floh in einem leeren Futteral. Wohl zitterte der ganze Höllenpfuhl von seinem schrecklichen Zorn, und die Fesseln klirrten an seinem Hals so stark, als ob zwei weltgroße Kriegsheere gegeneinander mit blanken Schwertern kämpften, als er aber zuletzt von seinem schrecklichen Zorn ermüdet war, setzte er sich auf die Fesseln nieder und sagte zu Christ-Gott: "Sieh, ich werde auf diesem Kettenhaufen verhungern, wenn ich von hier nicht mehr irgendwohin herauskomme!" Darauf sagte Christus tröstend: "Verhungern wirst du nicht, ich will dich mit Vogelfleisch auf den Fesseln füttern!"

Danach kam Christus mit Salomon aus der Hölle heraus, beider Herzen voller Freude, daß der echte alte Böse mit den harten dreifachen Fesseln vernietet wurde. Aber Christ-Gott hielt auch sein Wort, das er ihm gegeben hatte: jedermann hat wohl selbst gesehen, wie manchmal eine große Menge von Raben, eine Masse von Krähen, Dohlen, Falken in großen Partien in die Hölle getrieben werden, um ihn zu füttern. Ebenso gehören ihm alle blindgeborenen Vogeljungen, die da krepieren, so daß es ihm an Vogelfleisch und -braten nicht mangelt.

So erzählen wir die Geschichte vom verständigen Salomon, der mit seiner List und Vernunft sogar den alten Bösen gefesselt hat.