15. Der Wolf und der Fuchs auf der Hochzeit

Vor Zeiten ist einmal in einem Hause Hochzeit gefeiert worden. Die Hochzeitsgäste machten sich auf, bei dem guten Wetter draußen das Getreide zu besichtigen und ließen das Hochzeitshaus unbewacht zurück. Unterdessen kamen ungebetene Gäste, ein Wolf und ein Fuchs, um an der Festtafel teilzunehmen. Sie durchschnüffelten alle Zimmer und Ecken, kosteten von den Hochzeitsbroten und naschten und waren fröhlich und guter Dinge. Aber das gute Freundchen Wolf machte sich auch an das Schnapsfläschlein und schlürfte fleißig daraus; dann sagte es nach Art der Hochzeiter zu seinem Gefährten: "Du, alter Gevatter, wollen wir nicht wie richtige Hochzeiter singen?" "Nein, singe nicht, alter Gevatter, wir werden Prügel bekommen", warnte der Gefährte. Der Wolf, der noch eine Zeitlang in fröhlicher Stimmung im Hochzeitshaus herumgesprungen war, begann erneut, nach der Singerlaubnis zu verlangen. Der Fuchs verbot es ihm, und der Wolf war dann wieder still. "Nein, alter Gevatter, ich werde nun doch ein bißchen singen", drängte der Wolf. "Wenn du so gern singst, dann sing bloß zu; du wirst schon sehen, was dabei herauskommt", sagte der Fuchs ärgerlich. Der Wolf sprang sofort auf den Tisch und ließ ein lautes Geheul los. Der Lärm drang zu den Ohren der Hochzeiter, die erschraken und schreiend nach Hause liefen: "O ihr bösen Tiere, ist denn der freche Wolf wirklich zur Hochzeit gekommen? Wo sind die Hunde, wo sind die Prügel?" So wurde der arme ungebetene Gast erbarmungslos gegriffen, durchgeprügelt und verwalkt; aber er entkam doch noch lebendig in den Wald.

Während der Wolf seine Abreibung erhielt, schlüpfte der Fuchs ruhig in die Milchkammer der Hausfrau, steckte den Kopf in das Sahnegefäß und leckte den dicken Schmant. Dann schlüpfte er still zum Hause hinaus und traf im Walde wieder mit dem Wolf zusammen. Der arme Teufel von Wolf klagte ihm sein Leid, aber der Fuchs unterbrach ihn: "O, alter Gevatter, du magst wohl Schmerzen haben, aber mir ist es noch schlimmer ergangen. Sie haben mich furchtbar geprügelt; sieh, wie zerschlagen und eitrig mein Kopf ist." Der Wolf lief weiter. "Alter Gevatter, nimm mich auf den Rücken, allein komme ich nicht mehr weiter", rief der Fuchs ihm nach. Der Wolf tat es, und nun begann der Fuchs zu singen: "Der Kranke trägt den Gesunden." Als der Wolf das hörte, fragte er, was das für ein Lied sei. "Der Kopf ist vom Prügeln verrückt geworden, ich weiß selbst nicht, was für ein Lied das ist."