147. Die Fliege und der Dieb

Als Christus ans Kreuz geschlagen wurde, waren für die Kreuzigung sehr lange und große Nagel bereitet worden, und zwar fünf Nägel. In alter Zeit war Eisen teuer, und in der Menschenmenge waren auch viele Diebe, von denen einer einen Eisennagel gestohlen hatte. Als der Erlöser der Welt an Händen und Füßen an das Kreuz festgeschlagen worden war, wollte man ihn auch an der Brust mit einem langen Nagel ans Kreuz festschlagen. Aber der Eisennagel war verschwunden. Als man ihn nirgends fand, hob einer der Kreuzigenden die Augen empor, sah eine Fliege auf der Brust des Heilands sitzen und dachte, daß dies der Kopf des Eisennagels war. Er sagte zu den anderen: "Endet das Suchen! Der fünfte Nagel ist auch schon geschlagen, seht!" Alle schauten nach oben und sahen, daß der schwarze Kopf des Nagels schon auf der Brust zu sehen war.

So wurde Christus an der Brust nicht gekreuzigt. Deshalb gab Gott der Fliege die Erlaubnis, von jeder Schale und jedem Tisch, selbst von dem des Königs, zu essen. Die Diebe wiederum ließ er sich in großer Menge vermehren und rechnet ihnen nun nicht immer ihre Übeltaten als Sünden an. So berichtet das setukesische Volk, und aufgrund dieser falschen Rede und Geschichte stehen auch so manche ihrer Diebe ohne Furcht in ihrem verwerflichen Beruf: "Denn Gott hält ja den Diebstahl nicht für eine Sünde!"