136. Wie die Schwalbe entstanden ist

Es war einmal ein Mann, der eine Frau heiratete. Diese Frau war sehr lustig: sie lachte und redete viel. Die Schwiegermutter konnte es nicht leiden und zankte mit ihr, daß sie soviel lachte. Dann wurde die Frau so still, daß sie kein einziges Wort mehr sprach und gar nicht mehr lachte. Um sie zum Sprechen zu zwingen, hat die Schwiegermutter sie gedrängt, vor starker Kälte im bloßen Hemd in der Dreschdarre zu weben, dann aber sogar draußen auf dem Hof Brotteig zu kneten. Als das noch nicht half, da legte sie den Sohn der Frau auf ihr Knie und fing an, das Kind zu töten. Die Frau sagte jedoch nichts. Dann heiratete der Mann eine neue Frau, denn was soll er mit einer Frau, die nicht spricht, und hielt die Hochzeit. Seine frühere Frau stieg auf den Ofen und sang von dort:

"Wohl wartete ich, wohl litt ich,

Sowohl während der kalten Lichtmeß,

Wie während der harten Fastnacht

Im bloßen Hemd in der Dreschdarre webend,

Beim Töten des lieben Sohnes

Auf meinem eigenen lieben Knie!"

Dann kam sie vom Ofen herab und ging aus der Tür heraus, machte selbst nur noch zirrr! Die Frau des Freiwerbers schlug ihren Rockschoß mit dem Hochzeitsdegen entzwei, daher ist denn auch der Schwanz der Schwalbe gespalten.