131. Der Gutskoch bei den Schlangen im Winterquartier

Einst habe der Graf des Gutes Ravila seinen Koch fürchterlich verprügelt, bis dieser mit Müh und Not in den Wald geflohen sei. Da das Wetter kalt gewesen sei, habe er ein Loch gesucht, wo er hineinschlüpfen könnte, um warm zu werden. Schließlich habe er einen Stein gefunden, und unter dessen Kante sei ein ziemlich großes Loch gewesen. Der Koch sei hineingeschlüpft, aber gleich jäh hinuntergefallen. Unten auf dem Grund des Loches sei es hell gewesen wie beim Mondschein, und er habe sich inmitten einer Schar von Schlangen wiedergefunden. Eine in der Schar habe eine Krone getragen. Wohl hätten die Schlangen dem Mann nichts angetan, aber als er herauskriechen wollte, sei die Schlange mit der Krone vor das Loch gestanden und habe ihn nicht hinausgelassen. Ein glatter Stein sei inmitten des Pflasters im Loch gewesen. Zu jeder Mittagszeit seien die Schlangen um den Stein herumgegangen und hätten diesen geleckt. Die Schlange mit der Krone habe mit dem Kopf genickt und dem Mann ein Zeichen gegeben, daß auch er lecken soll. Der Mann habe geleckt. Im Augenblick seien Hunger und Durst verschwunden gewesen, und eine große süße Schläfrigkeit sei über ihn gekommen. Auf diese Weise sei es den ganzen Winter lang gegangen.

Im Frühjahr seien die Schlangen aus dem Loch hinausgekrochen, aber die mit der Krone sei drinnengeblieben und habe mit dem Kopf dem Manne zugenickt, daß auch er hinausgehen müsse. Der Mann sei hinausgekrochen. Er habe die frühlingshafte Schönheit geschaut und sich den Gesang der Vögel mit Freude angehört, und was noch am allermerkwürdigsten gewesen sei: er habe die Sprache der Vögel deutlich verstehen und auch jede einzelne Sprache sprechen können. In seiner Nähe hätten zwei Krähen auf einem Baumast gesessen und erzählt, daß in einer Stadt Wassermangel sei, aber niemand dort es verstehe, einen Brunnen zu machen, und die andere wiederum habe erzählt, daß die Königstochter ihren kostbaren Ring verloren habe, aber niemand wisse, daß er da und dort sei. Der Koch sei hingegangen, habe der Stadt Wasser verschafft und auch der Königstochter den Ring und sei schließlich ein reicher Mann geworden.