124. Der Erlenriese

Ein Mann nahm einmal einen Erlenklotz, schnitzte ihn mit einer Axt menschenähnlich und schaukelte ihn drei Jahre lang. Am Ende des dritten Jahres schien in den Klotz Leben zu kommen. Da machte die Mutter des Mannes einen süßen Brei, den sie der Gestalt auf den Mund schmierte. Nach kurzer Zeit begann sie Nahrung anzunehmen und wurde von Tag zu Tag kräftiger, erhob sich und aß die vorgelegten Speisen mit großem Appetit auf. Schnell wuchs das Kind auf, so daß ihm weder sein Vater noch seine Nachbarn mit ihrer Größe und Kraft beizukommen vermochten. Da der junge Riese aber sehr viel Essen brauchte, befürchtete man eine Hungersnot. So wurde er als Rekrut zum Kaiser geschickt, damit er im Heer (bzw. Krieg) Dienst finde. Dort wurde er mit Freuden empfangen, es wurden ihm ein drei Faden großer Balken und ein siebzig Pfunde schweres Schwert als Waffen gegeben, mit denen er kühn auf die Feinde losging und sie bald in die Flucht trieb. Sein Schwert nannte er des Vaters Brottisch. Als Friede gemacht war, wurde es schließlich schwer, diesen unersättlichen Fresser zu ernähren. Deshalb befahl man ihm, des Kaisers Pfeife aus einem tiefen Brunnen, die dort hineingefallen war, herauszuholen. Kaum war er in den Brunnen gestiegen, als plötzlich große Mühlensteine an den Rand des Brunnens gerollt und ihm auf den Kopf geworfen wurden. Er schrie von unten: "Was für Sand und Steinchen werft ihr mir auf den Kopf?" Als er wieder herauskam, hatte er drei Mühlensteine wie Rundkragen um den Hals.