In uralter Zeit wurden in unserem Lande Wölfe die Hündchen des Heiligen Georg genannt. Einmal, als die Hündchen Hunger litten, habe der Heilige einem seiner Hündchen erlaubt, einen Hammel zu verspeisen. Der Wolf sei zu dem Hammel gegangen und habe gesagt: "Hör zu, ich fresse dich auf!" Der Hammel habe sich aufs Bitten verlegt: "Laß mich noch bis zum Herbst leben, dann bin ich fett, jetzt bin ich mager und knöchrig, und aus mir wird nichts." Der Wolf habe ihm also für den Sommer noch das Leben geschenkt.
Ein anderes Mal habe der Wolf die Erlaubnis erhalten, ein Schwein aufzufressen. Der Wolf ging hin, das Schwein zu fressen. Das Schwein habe sich aufs Bitten verlegt: "Warte, ich will meinen Kindern vorher noch etwas aufspielen, dann sollst du mich verspeisen." Das Schwein habe sich dann niedergelegt, und die Jungen hätten zu saugen begonnen. Das Schwein selbst habe dabei gebrüllt, daß die Erde gebebt habe. Dies hörend, seien die Frauen des Dorfes zusammengelaufen, hätten den Wolf gefunden und ihm eine anständige Tracht Prügel gegeben.
Als den Wolf nun wieder Hunger überkam, habe er die Erlaubnis erhalten, einen Schneider zu verspeisen. Der Wolf machte sich auf, den Schneider zu verschlingen. Der Schneider aber sei beherzt gewesen und habe gesagt: "Leg dich hin, ich muß erst sehen, ob ich auch in deinen Bauch hineinpasse." Schnell habe sich der Wolf lang hingelegt, worauf der Schneider ihn mit seiner Arschin (russische Elle) zu verprügeln begonnen habe. Da sei der Wolf mit großem Geschrei geflohen und habe eine Zeitlang seinen Rücken kurieren müssen.
Schließlich bat er einen Hauswirt um die Erlaubnis, ein Pferd fressen zu dürfen, was ihm auch bewilligt wurde. Der Wolf ging raus, sich das Pferd zu holen. Das Pferd aber habe, gleich dem Hammel, sich bis zum Herbst zu leben ausgebeten, was der Wolf auch versprochen habe. Als der Herbst gekommen war, ging der Wolf zu dem Hammel. Der fraß auf einem Berge in Ruhe Gras. Als der Wolf bei ihm eingetroffen war, hieß er ihn den Berg hinuntergehen und das Maul aufhalten, denn er wolle ihm mit großem Schwung in den Bauch hineinlaufen, so entgehe er der Mühe des Beißens. Der Wolf gehorchte, aber der Hammel stieß ihm mit großem Schwung mit seinen Hörnern das Maul entzwei. Heulend lief der Wolf nach Hause und war wieder eine Zeitlang ohne Nahrung. Dann ging er zu dem Pferd. Das Pferd sagte: "Jetzt bin ich fett genug, aber mein Fett ist starr geworden. Wühle deine Zähne ordentlich in meinen Schwanz, ich werde über den Hof laufen, bis mein Kammfett warm geworden ist." Der Wolf tat, wie befohlen. Das Pferd lief so lange über den Hof, bis der Wolf ohnmächtig wurde. Dann gab es ihm mit dem Huf eins über den Schädel, daß ihm der Tod ans Maul zu fahren begann. In äußerstem Schmerz schrie er noch: "Oioi-oioi, welch eine Hammelgeschichte!" Dann starb er unter großer Pein. Diese Geschichte aber wird noch heute erzählt, so daß ganz Virumaa sie hört.