Ein König hatte in alter Zeit drei Töchter, und der Sohn war das vierte Kind. Und als der König am Sterben lag, sagte er zu der ersten Tochter: "Wenn du in die Stadt gehst, so werde demjenigen zur Frau, der dir zu allererst begegnet!" So sagte er auch zu der zweiten Tochter und ebenso zu der dritten. Als der König dann starb, ging die erste Tochter in die Stadt und wurde demjenigen zur Frau, der ihr zuerst begegnete. Ebenso tat die mittlere, und als die letzte Tochter hinging, wurde auch sie demjenigen zur Frau, der ihr zu allererst begegnete.
So vergingen etwa zwei bis drei Jahre. Da lebte in einem fremden Land eine sehr schöne Königstochter, und der Könisrssohn ging dorthin, sie zu heiraten. AIs er losging, wanderte er zu Fuß den Weg längs, bis es Essenszeit wurde. Dann setzte er sich zum Essen nieder, aß sich satt und ging wieder weiter. Ging, bis der Abend kam. Die Sonne begann schon unterzugehen, da sah er sich um, wo er ein Nachtlager bekommen könne. Da war da am Wegrand auch ein kleines Häuschen, aber dort stand auf der Stange unter dem Fenster geschrieben: "Wer meine Frau erschreckt, dessen Haupt kommt auf den Klotz!" Es war aber seine eigene Schwester, die dort am Fenster saß und ihre Handarbeit machte. Sobald sie ihn sah, erkannte sie ihn und sagte: "Och, lieber Bruder, komm doch ins Zimmer herein, fürchte dich nicht!" So ging er denn ins Zimmer hinein und aß und trank, was nur das Herz empfing. Zuletzt verwandelte die Schwester ihren Bruder in eine Nadel und steckte sie in die Wand. Dort schlief er die Nacht über. Am anderen Tag kam auch schon die Königsmagd dorthin und sagte: "Jeden Tag habe ich den Königssohn gesehen, heute aber nicht!" Da flog am Morgen (späterher) ein Falke an die Tür und schüttelte sich, da wurde der Königssohn wiederum zum Menschen, sogar noch schöner als früher, und ging wieder weiter. Da sagte die Schwester: "Was soll ich dir nun, Brüderlein, mitgeben? Warte, warte, ich gebe dir dieses Tischtuch hier!"
So ging und ging er wieder weiter, da kam die Essenszeit heran. Da nahm und warf er sein Tischtuch nieder auf den Boden, so standen darauf allerlei Speisen und Getränke, die es nur irgend in der Welt gibt. Nach dem Essen ging er wieder weiter und ging so lange, bis das Abendlein ankam. Da traf er wiederum auf ein kleines Häuschen, und wieder stand dort auf der Stange unter dem Fenster geschrieben: "Wer meine Frau erschreckt, dessen Haupt kommt auf den Klotz!" Die mittlere Schwester aber schaute aus dem Fenster und sah ihren eigenen Bruder. Sie sagte: "Fürchte dich nicht, Brüderlein, auch ich erschrecke ja nicht vor dir, komm nur ins Zimmer herein!'' So ging er denn auch ins Zimmer hinein, aß und trank dort. Er wurde gut empfangen, und nachher verwandelte die Schwester ihn wiederum in eine Nadel und steckte ihn im Zimmer in die Wand. So schlief er dort jene Nacht über.
Am anderen Morgen kam wiederum die Königsmagd zu der Schwester und sagte: "Jeden Tag habe ich deinen Bruder gesehen, heute aber nicht!" Morgens kam denn auch der alte Bär, schüttelte sich nur auf der Schwelle, und der Königssohn wurde wiederum zum Mann und noch viel schöner als früher. Dann ging er weiter, und die Schwester gab ihm wiederum ein Tischtuch mit.
So ging er denn und ging des Weges, da kam die Essenszeit heran, und er setzte sich nieder, breitete das Tischtuch auf dem Boden aus, da gab es wiederum darauf allerlei Speisen und Getränke. So aß er sich satt und ging wieder weiter, bis es wiederum Abendlein wurde. Das Sönnlein war schon ganz niedergesunken, da sah er wieder, daß ihm ein hübsches Stüblein auf dem Weg stand. Er ging wiederum rings um das Haus herum und sah, daß auf der Stange geschrieben stand: "Wer meine Frau erschreckt, dessen Haupt kommt auf den Klotz!" Die Schwester aber schaute aus dem Fenster, erkannte ihren Bruder und sagte: "Fürchte dich nicht, komm nur ins Zimmer, ich erschrecke doch auch nicht vor dir!" So kam er denn ins Zimmer und aß, trank dort, was seine Seele bloß begehrte. Und er schlief dort wiederum die Nacht über, und die Schwester legte ihn in die Kissen im Speicher zum Schlafen, verwandelte ihn also nicht mehr in eine Nadel oder sonst was.
Sobald die Nacht vorüber war und es Morgen wurde, kam wiederum die Königsmagd dorthin und sagte: "Jeden Tag habe ich den Königssohn gesehen, heute aber nicht!" Danach kam auch der alte Wolf auf die Schwelle und schüttelte sich, und der Königssohn wurde ein noch viel hübscherer Bursche, als er früher schon war. So ging er denn weiter und kam schließlich auch ins Land des fremden Königs. Da sagte der König: "O je, ich habe noch viel bessere Freier ins Gefängnis setzen lassen als diesen Iwan Zarewitsch, der um meine Tochter freien gekommen ist!" So wurde auch er ins Gefängnis gesetzt.Als dann der Abend herankam, brachte die Königsmagd Speise für die Gefangenen. Da sagte der Königssohn: "Was ist das für eine Speise, die uns gebracht wird?" "O je, solche Speise fressen noch nicht mal die Schweine des Königs, Bruder!" "Um welchen Wunders wegen sollen wir diese Speise essen?'' So ging er hin und goß die Speise den Schweinen vor, selbst aber warf er das Tischtuch seiner Schwester auf den Boden, da standen darauf allerlei Speisen und Getränke. Dann lud er auch alle anderen Gefangenen zum Essen, und sie aßen nun auch, und alle wurden guten Mutes und begannen zu singen und sangen, daß fast das Gefängnis zerbrach. Die Königstochter hörte den Gesang und sagte: "Geh, Magd, schau, was singen sie dort so schrecklich!" So ging diese auch nachsehen und fragte die Gefangenen: "Was um des Teufels willen schreit ihr hier so?" Die aber sagten: "Warum sollen wir nicht lustig sein, da wir ja nach langer Zeit uns wieder mal die Mägen vollschlagen konnten!" Da fragte die Magd: "Woher habt ihr denn die Speise bekommen?" Iwan Zarewitsch aber sagte: "Ich habe ein Tischtuch: Wenn ich es nur auf den Boden werfe, dann sind darauf alle Speisen und Getränke zur Genüge. Sieh, niemand anders hat solch ein Tischtuch!"
Da ging die Königsmagd zurück und erzählte der Königstochter, daß ein Mann im Gefängnis sei, der ein solches Tischtuch habe. Da sagte die Königstochter: "Geh ins Gefängnis und frage, was er für das Tischtuch haben will, wenn er es verkauft!" Also ging die Magd nachfragen, er aber gab zur Antwort: "Ich will eine Nacht im bloßem Hemd mit der Königstochter zusammen schlafen." Da hörte die Königstochter das und sagte: "Sieh, ist das denn eine unmögliche Sache? Was denn, ich kann doch die Nacht vielleicht auch schlafen!" Und sie sandte die Antwort, er möge nur am Abend kommen und das Tischtuch mitbringen. So ging er denn hin, brachte das Tischtuch mit und schlief eine Nacht mit ihr zusammen, der Königssohn mit der Königstochter. Dann ging er wieder ins Gefängnis zurück.
Da kam die Essenszeit heran. Der König sandte ihnen wieder Speise, aber der Königssohn sagte wieder: "Och, diese Speise fressen doch auch des Königs Hunde nicht! Der König hat wohl, Bruder, viele Hunde, aber solche Speise, sieh, ißt doch niemand!" So nahm er wieder das Essen, goß es den Hunden vor und nahm wiederum das Tischtuch der mittleren Schwester heraus, so waren darauf wiederum allerlei Speisen und Getränke und Schnäpse und was nur irgend auch nötig war. So aßen und tranken die Gefangenen wieder und zuletzt fingen alle an, laut zu singen. Und die Königstochter hörte es wieder und schickte ihre Magd nachzusehen, warum jene Gefangenen so guten Sinnes sind, daß sie so laut singen. Da ging sie wiederum ins Gefängnis und fragte: "Warum singt ihr hier so laut?" Und der Königssohn sagte wieder: "Siehe, was wir für ein Tischtuch haben, das es sonst nirgends gibt und das uns alle Speisen gibt!"
Da erzählte die Magd das wiederum der Königstochter, und diese sagte wieder: "Geh und frage, was er für das Tischtuch haben will!" Da ging sie hin und fragte denn auch. Aber Iwan Zarewitsch sagte: "Ich möchte zwei Nächte im Hemd mit der Königstochter zusammen schlafen." Das erlaubte die Königstochter auch, und sie schliefen zwei Nächte im Hemd zusammen. So wurde es Morgen, und sie gefielen einander schon sehr und schmückten sich schon zur Trauung. Dann wurden auch die anderen Gefangenen freigelassen, es waren dort etwa sechzig Gefangene, die alle ins Gefängnis gesetzt worden waren, weil sie der Königstochter nicht gefallen hatten.
Darauf gingen sie am Abend schon gesetzmäßig schlafen, und am anderen Morgen gab der König ihnen drei Pferde, und sie gingen um die Stadt herum lustfahren. Der König aber sagte ihnen: "Alles schaut an, denjenigen aber, der mit dreckigen Lindenrinden (bzw. Bast) festgebunden ist, den seht nicht an!" So fuhren sie um die Stadt, und da sah der Königssohn, daß ein zwölfköpfiger Riese mit dreckigen Lindenrinden festgebunden war. Da ging er hin, befreite den Bösen und ging wieder fort. Der Böse aber kam ihm nach, nahm ihm die Königstochter fort und sagte: "Bevor du nicht drei Nächte meine Pferde geweidet hast, wirst du sie nicht wieder zurückbekommen." Das Teufelchen aber meinte drei Jahre für drei Nächte. Und er (=der Königssohn) versprach denn auch zu weiden.
Als der Abend kam, nahm er die Teufelspferde an die Hand und ging mit ihnen auf die Nachtweide. Die Pferde aber waren des Bösen eigene Kinder, etwa zwölf Stück. Der Böse aber belehrte seine Kinder: "Geht auf den Baum herauf, daß er euch nicht mehr kriegen kann, dann wird seine Frau in meinen Händen sterben." Sobald der Königssohn mit den Perden zur Nachtweide kam, zerstreuten sie sich bis zum letzten auf die Bäume herauf, und der arme Königssohn fing an zu weinen und zu sorgen, was nun zu tun sei. Da flog aber der alte Falke zu ihm und sagte: "Habe keine Sorge, am Morgen werden schon alle zusammen sein, lege dich nur zum Schlafen hin und mach dir nichts daraus!" So legte er sich denn auch zum Schlafen hin.
Am Morgen kamen auch alle Pferde zum Feuer, siehst du, der alte Falke jagte sie alle zusammen, und sie waren bis zum letzten alle verwundet, das eine hatte sich den Fuß zerrissen, dem anderen war die Hand krank, dem dritten war das Auge ausgeschlagen. Da legte der Königssohn ihnen die Zügel an und führte sie wieder nach Haus. Dort aber begannen sie alle bis zum letzten zu klagen: "Liebes Väterlein, siehst du, wir sind bis zum letzten krank, jag ihn weg, siehst du, wir können es nicht mehr ertragen, was er uns antut!" Aber der Böse sagte: "Kinder, noch müßt ihr zwei Nächte durchhalten, nun geht aber eine Nacht in den Sumpf unters Moos und die andere Nacht geht in den Wald, daß euch niemand mehr finden kann!"
So gingen sie am anderen Abend wiederum auf die Nachtweide, und wiederum drängten sich die Teufelspferde bis zum letzten in den Sumpf unters Moos. Und der Mann begann wiederum zu klagen, was nun zu tun sei, wie er sie wieder fangen könne. Da kam aber schon der alte Bär heran und sagte: "Weine nicht, sie werden schon am Morgen alle wieder da sein!" Als es Morgen wurde, trieb der Bär sie alle bis zum letzten wiederum zum Feuer, und sie waren alle gerupft und gezupft, dem einen war der Arsch zerbissen, dem anderen die Hand weggerissen, dem dritten der Fuß gebrochen, dem vierten der halbe Kopf weg, diesem der Rücken, jenem die Hüftseite weggerissen. Da legte der Königssohn ihnen wiederum die Zügel an und führte sie nach Haus. Da ging denn ein jedes Kind zur Mutter klagen: "Liebes Mütterlein, du siehst, was für eine Not wir erleiden, was für einen Wächter habt ihr bloß genommen, der quält uns nun so, Bruder, daß uns der Tod schon nah ist! Laßt ihn lieber frei und gebt ihm seine Frau wieder!" Aber die Großmutter sagte: "Seid, Kinderlein, diese Nacht noch da!" Und sie mußten gehorchen, konnten sich nirgends retten.
Da nahm denn der Königssohn auch am dritten Abend die Pferde an die Hand und ging für sie sorgen. Aber sobald sie nur auf die Nachtweide gelangten, zerstreuten sie sich wiederum bis zum letzten und flogen wie Vogeljunge unter dem Himmel, gehorchten keinem Verbot, verschwanden nur, daß man weder hörte noch sah, wo sie blieben. Da begann sich der Königssohn wiederum zu sorgen, was er nun tun solle. Aber der alte Wolf kam hinzu und sagte: "Sorge dich nicht, liebes Brüderlein, sie werden schon am Morgen alle wieder da sein!" Und am Morgen schlug der alte Wolf sie denn auch alle bis zum letzten zum Feuer zusammen. Aber sieh, alle hatten ihre Wunden, niemand war heil geblieben, der eine hatte keinen Kopf mehr, dem anderen war der halbe Körper weggerissen, dem dritten fehlte ein Stück aus der Seite. Wie sie dann nach Hause kamen, sprachen sie: "Liebes Mütterlein, jetzt gehen wir nicht mehr mit ihm auf die Nachtweide, weil wir ja fast am Sterben sind!"
Aber dort bei dem Bösen war auch ein Christenmensch, der war in eine Katze verwandelt worden. Nun belauschte er alles, was der alte Böse sprach, und lief schnell zu dem Königssohn und erzählte ihm: "Nimm auch mich mit, wenn du von hier fortgehst, sonst kannst du allein nicht genug sehen! Ich aber nehme von dem Bösen drei Dinge mit, wenn ich fortgehe: so werde ich einen Schleifstein, ein Tuch und einen Kamm mitnehmen, dann werden wir uns von diesem Land retten können."
Da sagte der alte Böse zu dem Königssohn: "Geh nun wohl deines Weges!" Und sieh, der Königssohn fuhr auch mit seinem Wagen nach Haus, und der alte Böse schickte seine Frau hinter ihm her. Aber die Katze hatte sich unter die hintere Ecke der Kutsche versteckt und gab dort keinen Laut von sich. Sobald er dann losfuhr, sagte das Kätzchen: "Höre, Iwan Zarewitsch, nimm Kraft aus der Kraftblase, spring aus der Kutsche und lausche, ob die alten Bösen uns schon verfolgen!" Er sprang auch heraus und horchte und sagte: "Ich höre noch nicht viel, nur ein Stampfen kann ich wahrnehmen, ist aber nicht laut." Nach einiger Zeit sagte das Kätzchen wieder: "Horche wieder, ob du ihn schon kommen hörst!" Da horchte denn auch der Königssohn und sagte: "Jetzt ist schon ein sehr lautes Krachen ganz nah!" Der alte Böse aber war sehr erbost darüber, daß seine gute Katze mitgegangen war und daß sie auch diese kostbaren Dinge mitgenommen hatte und daß auch die Kraftblase mit weggekommen war, so daß er nirgends mehr die Kraft hernehmen konnte. Deshalb konnte er ihnen auch nicht so schnell nacheilen, er hatte ja nicht mehr die Kraft wie zuvor. Sonst aber war er sehr schnell.
Da holte sie denn der alte Böse bald ein. Da sagte das Kätzchen: "Ei, Iwan Zarewitsch, sie sind schon sehr nah, bald werden sie uns erreichen! Wirf nun den Schleifstein hin!" Da warf er ihn hin, und es wurde ein sehr großer steiniger Berg daraus, auch so schlüpfrig, daß man auf keine Weise darüber oder darum herum konnte. Der alte Böse aber zerschlug den Berg und machte Treppen darauf und lief ihnen wiederum nach, aber nicht mehr so leicht, denn siehe, der Königssohn hatte ja die Kraftblase mit, und er schöpfte doch daraus Kraft für sich und gab auch den Pferden, so daß sie schrecklich schnell vorankamen.
Da sagte die Katze wiederum: "Iwan Zarewitsch, nimm Kraft und lausche, ob sie schon nah sind!" Da horchte er und sagte: "Och, sie sind schon nah!" Da sagte die Katze wiederum: "Wirf nun den Kamm hin!" Und der Königssohn warf den Kamm hin, daraus wurde ein schrecklich großer Tannenwald, so daß man nirgends durchgehen konnte. Der alte Böse aber haute den Wald mit seinen Söhnen nieder und begann ihnen wiederum nachzujagen.
Da sagte das Kätzchen wieder: "Iwan Zarewitsch, nimm Kraft und lausche!" Da horchte er wiederum und sagte: "O je, sie sind schon sehr nah! Es ist schon ein so großes Poltern, daß die Erde bebt und der Himmel donnert!" Siehst du, der alte Böse war ja schrecklich erbost und eilte ihnen immer nach. Da begann die Erde schrecklich stark zu beben, und der alte Böse war ihnen schließlich schon auf den Fersen, da sagte das Kätzchen: "Iwan Zarewitsch, wirf das Tuch hin!" Das tat er denn auch, und daraus wurde hinter ihnen ein feuriges Meer. Über das Meer konnte der alte Böse auf keine Weise mehr hinüber und ging nun mit seinen Kindern wieder zurück. Der Königssohn aber ging mit seiner Frau zu seinem Wohnort und fing an, hübsch zu leben, und sie leben vielleicht noch bis zum heutigen Tag.