Vor alter Zeit lebte ein großer Jäger. Er ging jeden Tag auf die Jagd, eine andere Beschäftigung hatte er nicht. Abends kam er nach Haus, ob er nun etwas geschossen hatte oder nicht. Er hatte aber keine eigentliche Wohnstätte - er lebte wie die Zigeuner: wo er einen guten Platz im Walde fand, dort ließ er sich zum Schlafen nieder. Er legte sich auf das Laub zum Schlafen nieder, und dort war auch sein Haus und Heim.
Auf diese Weise ging der Jäger auf die Jagd, bis er dreißig Jahre alt wurde. Dann traf er im Walde ein Weib, das bat ihn: "Lieber ("goldener") Mann, teurer Mann, rühr mich nicht an, ich will deine Frau werden!" Aber der Mann sagte: "Was für eine Frau? Ich weiß ja nicht einmal, was eine Frau ist!" "Liebes Jägerlein, töte mich nicht!" Der Jäger aber wollte sie töten, bis er denn auch einen Schuß in den Wald schoß. Das Weib erschrak sehr: "Liebes Schützchen, töte mich nicht! Ich will auch deine Frau werden." Der Schütze tötete sie nicht und sagte zu ihr: "Wenn du mir gehorchen und mit mir schlafen wirst, will ich dich zur Frau nehmen." Das Weib versprach, mit ihm zu leben, ihm das Essen zu bereiten und allen seinen Befehlen zu gehorchen. Was der Mann nur befehle, das wolle sie tun.
Zu zweit gingen sie also nach Haus. Aber der Jäger hatte ja nirgends ein Heim, so hatte auch dieses Weib kein Haus. Dann brachte der Mann das Weib zu seiner alten Wohnstelle, wo er die letzte Nacht im Laub geschlafen hatte. Dort schliefen sie die Nacht über, und am Morgen ging dann der Mann wieder in den Wald, um zu jagen. Die Frau aber blieb zu Haus, um das Essen zu bereiten.
Die Frau grub zu Hause in den Sandhügel auf der Heide eine Grube, legte eine hölzerne Lage darauf und ließ gegen die Sonne unter der Decke ein Loch als Fenster; dieses Fenster nannte sie Eckloch. Aber das Türloch ließ sie gegen Norden und hängte eine Pferdehaut mit dem Schwanz nach unten als Tür davor. Wenn nun jemand ins Zimmer gehen wollte, brauchte er nur mit dem Schwanz die Tür aufzuziehen. In die Wand des Zimmers aber grub sie einen Herdofen ("Plietenofen") und zog sogar ein Rohr hinter der Wand nach außen.
Als der Mann nach Hause kam und schon von weitem sah, was die Frau dort gemacht hatte, dachte er: "Sie hat mir das Totengrab gegraben!" und fürchtete sich, nach Hause zu gehen. Er setzte sich nieder und zündete die Pfeife an. Die Frau aber sah den Rauch, ging hinaus und schaute, was dort los war. Sie sah, daß ihr eigener Mann da saß und die Pfeife rauchte, und die Frau rief den Mann nach Haus.
Der Mann kam, und beide gingen ins Haus und ins Zimmer. Die Frau ließ den Mann hinein und machte die Tür zu.
Der Mann schaute sich im Zimmer um, sah den Herdofen und legte die Handschuhe auf ihn zum Trocknen. Er selbst aber setzte sich zum Wärmen an die Ofenmund und sagte zu der Frau: "Wie bist du bloss darauf gekommen, ein Zimmer und sogar einen Ofen zu bauen?" Die Frau sagte: "Gott hat es mich gelehrt und hat mir soviel Klugheit gegeben, daß ich auch für meinen Mann etwas Gutes tun konnte." Danach setzten sie sich zum Abendbrot und legten sich dann zum Schlafen nieder.
Am Morgen ging der Mann in den Wald auf die Jagd, aber die Frau blieb zu Hause Kienspäne ziehen, um auch in der Nacht bei Licht etwas arbeiten zu können. Am nächsten Tag schoß der Mann im Walde ein Schaf und brachte es der Frau zum Kochen nach Haus: "Damit wir doch auch etwas zum Essen haben!" Aber die Frau hatte schon einen Brei aus Grießgrütze gekocht, und sie sagte zu dem Mann: "Lieber Mann, mir gab Gott etwas Glück und ich sammelte dieses auf der Erde auf. Drei Schüsseln voll dieser Körner bekam ich, und aus ihnen kochte ich den Brei." Da warf der Mann das Schaf vom Rücken herab und setzte sich, um den Brei zu essen, welchen er noch niemals gegessen hatte. Nach dem Essen enthäutete er das Schaf und legte das Fell draußen an einen Baum zum Trocknen hin, aber das Fleisch legte er in den Kessel zum Kochen.
Als der Duft des frischen Fleisches aus dem Fenster in den Wald zog und der Geruch des Felles ebenso hinausdrang und aus dem Fenster schließlich auch noch ein kleines Feuerchen zu sehen war, begannen alle Waldtiere, sich zu fürchten. Sie kamen zusammen und fingen an zu beraten und zu besprechen, was dort los sei. "Sieh, ein Hauswirt ist zu uns gekommen, man muß hinschauen gehen!" Die Frage war aber, wer nun gehen sollte. Das Pferd sagte: "Ich gehe nicht!" Die Katze sagte: "Ich gehe auch nicht!" Die Kuh sagte: "Ich gehe auch nicht!" Dann ging der Hund hinschauen, und die Katze ging hinterdrein.
Der Hund ging ins Zimmer, aber die Katze ging leise hinterher und lauschte, was die Frau mit dem Hunde sprach. Die Frau fragte den Hund: "Was suchst du, Hündchen, oder was willst du?" Der Hund sprach zu der Frau: "Ich möchte auch gern hier bei euch wohnen." Und die Frau sagte zu dem Hund: "Was willst du uns Gutes tun?" Der Hund entgegnete: "Ich werde dem Hauswirt und der Hausfrau Haus und Hausrat ("Kram") bewachen und auch noch mit dem Hauswirt ("Hausvater") im Wald auf die Jagd gehen und ihm die Tiere zutreiben. Und ich bitte ("frage") um keinen anderen Lohn als dreimal täglich die gekochten Fleischknochen fressen zu dürfen, die du mir zuwerfen wirst." Die Hausfrau sagte: "Na gut, ich will dich nehmen, du wirst also meinem Mann die Tiere zutreiben und bei uns bis zum Tode wohnen bleiben." Und es wurden also dem Hunde die Knochen zum Nagen gegeben.
Der Hauswirt kam von der Jagd nach Hause und fragte: "Was ist das für ein Tier und was tut es uns Gutes?" Die Frau sagte: "Es wird mit dir zusammen auf die Jagd gehen und wird unser Haus und allen Hausrat, der in unserem Hause ist, bewachen."
Die Katze aber belauschte die ganze Zeit das Gespräch, floh in den Wald und sagte zu den anderen Tieren: "Der Hund will sein Leben lang dem Hauswirt gehorchen und kommt nicht mehr zurück." "Aber warum kamst du denn zurück?" fragte das Pferd. "Ich will dem Hauswirt nicht gehorchen, deshalb bin ich zurückgekommen. So wie ich schon immer eine Katze gewesen bin, so bleibe ich auch eine Katze, um frei durch den Wald zu streifen. Aber ihr, geht ruhig hin, wenn ihr wollt!" sagte die Katze.
Da ging das Pferd zu dem Hauswirt, aber dieser war mit dem Hund in den Wald auf die Jagd gegangen. Die Frau war allein zu Hause und kochte aus weißem Klee und Johanniskräutern Tee. Dem Pferd stieg der schöne Geruch des Klees, den es so gern gefressen hätte, in die Nase und es fragte die Hausfrau: "Würdest du mir diesen Klee zu fressen geben? Ich werde auch bei euch wohnen". Aber die Hausfrau fragte: "Was willst du uns Gutes tun?" Das Pferd entgegnete: "Ich werde euch hin und her ziehen und euch reiten lassen, solange ihr auf der Erde lebt." Die Hausfrau sagte zu dem Pferd: "Ich gebe dir diese Gräser zu fressen, wenn du mich dir die Zügel anlegen läßt, und mir in allem, was ich dir sage, gehorchen wirst." Das Pferd versprach es, und die Frau nahm es zu sich.
Der Mann kam am Abend mit seinem Hunde nach Haus, und er hatte an diesem Tag viel Beute gemacht. Er fragte die Frau: "Was für ein Tier ist das? Welchen Nutzen bringt es uns?" Die Frau sagte: "Es versprach, morgen mit dir auf die Jagd zu gehen. Setze dich auf seinen Rücken und geh morgen auf die Jagd! Es versprach uns dorthin zu bringen, wohin wir nur wünschen." Am nächsten Morgen ritt der Mann auf dem Rücken des Pferdes zur Jagd.
Es kommt die Kuh zu der Frau und fängt an zu sprechen: "Liebe Frau, nimm auch mich zur Hilfe!" Aber die Frau sagte: "Welchen Nutzen bringst du uns?" Die Kuh sprach: "Ich gebe euch Milch, schöne, weiße Milch." Die Frau sagte: "Gut, wir nehmen dich." Aber die Kuh sagte: "Was gibst du mir zu fressen?" Die Frau sagte: "Ich gebe dir langes Stroh und Futter im Winter, im Sommer aber kannst du dir schon selbst etwas zum Fressen suchen. Ich gebe dir auch zu Hause zu fressen, wenn du heimkommst." Die Kuh sagte: "So werde ich also auch bei dir bleiben, solange ich auf der Welt lebe." Und die Kuh blieb auch dort.
Da kommt am Abend der Mann von der Jagd nach Haus, viel Beute hat er wieder gemacht. "Was für ein Tier ist das, und was bringt es uns für Nutzen?" Die Frau sagte: "Es gibt uns weiße Milch." Der Mann war frohen Mutes und setzte sich zum Abendbrot. Sie gab dem Hund viele Knochen zum Nagen, und auch der Hund war frohen Mutes. Nach dem Essen forderte die Frau den Mann auf, schlafen zu gehen. Der Mann war zufrieden und legte sich schlafen. Die Frau aber fütterte das Pferd und melkte die Kuh.
Am anderen Tag ging der Mann wieder auf die Jagd, und die Frau kochte zu Hause aus Reiskörnchen einen Brei und tat auch Milch hinein. Der Mann kam am Abend nach Haus, da gab sie ihm zu essen. Der Mann aß den Reisbrei, und die Frau gab ihm noch frische Milch drauf zu schlürfen. Der Mann erklärte der Frau: "Sieh, es ist jetzt immer fein auf die Jagd zu gehen. Früher war es nicht so wie jetzt: früher mußte ich die ganze Zeit zu Fuß gehen und es war niemand da, der mir die Hasen und die anderen Tiere zugetrieben hätte. Gut, daß ich dich nicht tötete. Wenn du nicht gebeten hättest, dann hätte ich dich niedergeschossen." Die Frau sagte: "Gut, daß ich zu dir kam, allein hättest du es doch nur schlecht gehabt." Der Mann sagte: "Nun ja, nicht schlecht - schau, was für einen feinen Brei du mir kochst und allerlei Haustiere heranlockst!" Der Mann legte sich zum Schlafen nieder, aber die Frau verrichtete noch alles.
Das Schaf und die Katze dachten: "Auch wir werden uns morgen anbieten." Es kam der Tag, und der Mann ging auf die Jagd, und so blieb die Frau allein zu Haus. Da kam auch das Schaf mit der Katze an. Die Frau fragte: "Was wollt ihr?" Das Schaf sagte: "Wenn du alle anderen Tiere annahmst, nimm auch uns!" Die Frau sprach: "Was tut ihr mir Gutes?" Das Schaf sagte: "Ich gebe dir dreimal im Jahr Wolle und bringe dir zwei hübsche Junge!" Da nahm die Frau auch das Schaf zu sich. Und sie fragte die Katze: "Was tust du mir Gutes?" Die Katze sagte: "Ich fange im Haus die Mäuse!" Da nahm die Frau auch die Katze zu sich.
Der Mann kommt nach Haus und sieht die Tiere: "Sieh, die Frau hat alle Tiere gekriegt." So fingen sie an, gut zu leben.